Pierre et la Lou, le Loup

■ In einem deutsch-französischen Verwirrspiel zeigen „dacapo“ und Co. Prokofjews „Peter und der Wolf“ in einer Bremer Fassung im Überseemuseum

Wer französich spricht, findet über die Sprache zusammen. Eines schönen Tages im vergangenen Jahr nämlich sagte Lou zu Pierre: „Bonjour Pierre.“ Und Pierre, ein Drehorgelspieler aus Frankreich, sagte zu Lou, der frankokanadischen Geräuschemacherin in Diensten der Bremer Shakespeare Company: „Bonjour Lou.“ Und schon Sekunden später beschlossen Pierre und Lou, ein Stück zu inszenieren, das fast so heißt und genauso klingt wie sie: „Pierre et le Loup“ – „Peter und der Wolf.“

Wer heute oder morgen im Übersee-Museum am Bremer Bahnhofsplatz herumstöbert, wird Pierre et Lou(p) sowie Katja, die Ente, die Pauken, die Flöte oder den Vogel nicht überhören können. Denn im Auftrag von Ingo Ahmels' Konzertagentur „dacapo“ studiert ein achtköpfiges Schauspielerinnen- und Musikerensemble Sergei Prokofjews sinfonisches Märchen „Peter und der Wolf“ im ersten Lichthof des Museums ein. Um auch etwas zu sehen, muß man schon in einem unbeobachteten Moment durch große Vorhänge kiebitzen. Aber das ist nicht ganz ungefährlich, denn schließlich streunt dahinter der Wolf herum, und der ist sehr durchtrainiert, war lange nicht mehr beim Friseur und hat Zähne, die wie Brotmesser sind.

„Wir haben ein Faible für Kinder“, sagt Mister „dacapo“, Ingo Ahmels. Deshalb stürzen sich er als Veranstalter sowie die acht KünstlerInnen nach einiger Abstinenz jetzt wieder in den vorweihnachtlichen Kindertheatertrubel. Mit der Musik und dem Aufführungsort Übersee-Museum, in dem Ahmels seine Veranstaltungen aus dem „bürgerlichen Konzertzusammenhang“ herauszureißen pflegt, ist Prokofjews Kindersinfonie schon von selbst „dacapo“-kompatibel. Dafür, daß auch das Libretto ins Konzept paßt, sorgen die AkteurInnen. Denn die Geschichte halten alle Beteiligten wahlweise für „hausbacken“ (Ahmels), „sehr einfach“ (Lou Simard) oder „pädagogisch“, so die Schauspielerin Katja Hensel. Gestützt auf eine satirische Neufassung des Drehorgelspielers Pierre Charial, hat die im Theater am Leibnizplatz tätige Katja Hensel eine „Bremer Fassung“ geschrieben. Und auf die trifft keines der drei Attribute zu.

Es beginnt mit einem kleinen Verwirrspiel: Aus rätselhaften Gründen erscheint die Schauspielerin nicht zur Aufführung. Deshalb muß Katja Hensel, die eine Kartenabreißerin spielt, kurzerhand einspringen und den Part der Erzählerin übernehmen. In gespielter Improvisation hör- und schauspielen Katja Hensel, Lou Simard, Pierre Charial sowie das Hamburger Quintett „L'art pour l'art“ dann die Geschichte.

Mit Pfeifen, einem quietschenden Dingsbums, einem Wassereimer und weiteren Instrumenten will Lou Simard Prokofjews 1936 entstandenes sinfonisches Märchen wieder auf die Ursprünge zurückführen. „Prokofjew hat Programmusik geschrieben“, weiß die Geräuschemacherin. Die für Kinder heute nicht gleich hörbare Nachahmung von Tiergeräuschen will Simard wieder hörbar machen. Ihr simuliertes Entengeschnatter geht über in das Spiel einer Oboe, aus Vogelgezwitscher wird Flötenspiel. Trotzdem betonen Lou Simard und Katja Hensel, die über ihr Getrude-Stein-Stück „Die Welt ist rund“ eine gemeinsame Wellenlänge gefunden haben und schon neue Pläne aushecken, daß „Peter und der Wolf“ kein Hörspiel wird: Das Publikum „zwischen 6 und 96“ sieht neben befrackten Musikern und der freilich schauspielenden Katja Hensel auch das einfache Instrumentarium, aus dem Lou Simard ihre Klangwelt entfaltet. Und da kann sich eine Lou sehr schnell in einen Loup verwandeln. ck

„Peter und der Wolf“: Aufführungen vom 21. bis 23. Dezember um 10, 11.30 und 15 Uhr im Übersee-Museum; Einzelkarten unter Tel.: 35 36 37 oder an der Tageskasse, Gruppenkarten unter Tel.: 500 444