: Geldsegen fürs schwarze Loch Bremen
■ Bis zum Jahr 2004 erhält Bremen 7,7 Milliarden Mark vom Bund, eine Milliarde weniger, als erwartet / Das versprach Bundesfinanzminister Oskar Lafontaine / Danach ist Schluß mit lustig
Das Land Bremen bekommt in den nächsten sechs Jahren 7,7 Milliarden Mark vom Bund. Das kündigte Bundesfinanzminister Oskar Lafontaine (SPD) gestern in einem Brief an den Bremer Finanzsenator und Bürgermeister Hartmut Perschau (CDU) an. Am 13. Januar soll das Bundeskabinett dem Gesetzentwurf zustimmen. Da die gesamte Summe vom Bund bezahlt werden soll, rechnet Perschau nicht damit, daß andere Bundesländer die sogenannte „Sonder-Bundesergänzungszuweisung“ torpedieren werden.
Schon in den Jahren 1994 bis 1998 hatte Bremen neun Milliarden Mark aus dem Sonder-Topf bekommen, das Saarland acht Milliarden Mark. Bis jetzt beteiligten sich die anderen Länder an den Kosten.
Mit dem Geld sollte dafür gesorgt werden, daß die überschuldeten Kleinstaaten Bremen und das Saarland verfassungskonforme Haushalte aufstellen können. In einer extremen Haushaltsnotlage haben nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts im Jahr 1992 die „Glieder der bundesstaatlichen Gemeinschaft“ die Pflicht, zu helfen. Die Gelder sind als Ergänzung zum Länderfinanzausgleich gedacht und müssen direkt für die Tilgung des auf 17 Milliarden Mark angewachsenen Schuldenbergs Bremens benutzt werden.
Wie der Bund die Mehrausgaben finanzieren will, ist derzeit noch offen. Denkbar ist eine Umverteilung der Umsatzsteuer – dann allerdings würden die Länder indirekt doch wieder mitbezahlen. Bis zum Ende des Sanierungszeitraums im Jahr 2004 wird Bremen jetzt kontinuierlich weniger Geld bekommen: Die Jahrestranche wird von 1,8 Milliarden Mark im nächsten Jahr auf 700 Millionen Mark im Jahr 2004 fallen. Danach, das machte Lafontaine in einem Brief an Finanzsenator Perschau unmißverständlich klar, wird es keine weiteren Sonder-Bundesergänzungszuweisungen mehr für Bremen und das Saarland geben. Falls Bremen bis dahin aus eigener Kraft immer noch keinen verfassungskonformen Haushalt aufstellen kann, könnte die Abschaffung Bremens als Bundesland drohen, fürchtet Perschau.
„Wahlgeschenke“ und „Geschenke an einzelne Zielgruppen“ könnte sich das Bundesland in den nächsten Jahren ebensowenig erlauben wie „ideologische Sperenzchen“, kündigte der Finanzsenator an. Bremen müsse den Gürtel „eng halten und an einigen Stellen enger schnallen“. Die Bremer SPD und CDU überschütteten sich derweil selbst mit Lob. SPD-Chef Christian Weber sprach von einem „Geldsegen“ durch Lafontaine. CDU-Chef Ronald-Mike Neumeyer lobte Perschau als „Architekt des Verhandlungserfolges“.
Die Einigung sei „trotz, nicht wegen Perschau“ zustande gekommen, hält Sozialdemokrat Volker Kröning, Bremens Ex-Finanzsenator und Mitglied des Bonner Finanzausschusses dagegen. Erwartet habe Perschau Sonder-Zahlungen in Höhe von 8,7 Milliarden Mark. Perschau aber sprach gestern konsequent von erwarteten 6,7 Milliarden, er verkaufte die Zusage von Lafontaine über 7,7 Milliarden Mark also nicht als Verlust, sondern als Gewinn von einer Milliarde Mark. Grundlage von Perschaus Argumentation waren Steuerschätzungen vom Mai 1997 – seit November 1998 liegen aber ganz andere Berechnungen vor. Nach den neuen Zahlen geht es Bremen sehr viel schlechter als angenommen. Die Hansestadt mußte also einen höheren Zuzahlungsbedarf anmelden. Christoph Dowe
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