■ Hamburgs Schülerinnen auf der Straße: Die 168 Stunden der längsten Demo der Welt. Teil 6: Das Ende
Wie der Mann hieß, der den Sekt spendete, weiß niemand. Nur daran, daß er ziemlich betrunken war, als sie ihn vor ein paar Tagen nachts bei einem ihrer Demo-Märsche trafen, erinnern sich die SchülerInnen. Und daran, daß er ihnen die Flasche schenkte. „Für danach“, schrieben die Jugendlichen mit rotem Edding auf das Glas und bewahrten den Sekt auf. Bis gestern. Um acht Uhr morgens knallte der Korken; das „danach“ war zum „jetzt“ geworden. Nach 168 Stunden und 750 Kilometern beendete die Hamburger SchülerInnenkammer die längste Demonstration, die es je gab.
„Es war Wahnsinn“ – mehr fiel den meisten OrganisatorInnen nach sieben Tagen und Nächten nicht mehr ein. Müde, aber euphorisch und wie betrunken von der Marathon-Leistung, von Glückwünschen, Beifall und Presse-Blitzlichtern trafen sie sich auf dem Rathausmarkt zum öffentlichen Frühstück. Die Absperrungen, die Polizeibeamte „rein vorsorglich“ vor dem Eingang des Parlamentsgebäudes aufgebaut hatten, wurden genutzt, um Plakate aufzuhängen; davor spielte eine Gruppe TrommlerInnen Samba. Kaffee, Brezeln und Brötchen, auf einem langen Tisch drapiert, konnten gar nicht genug vorhanden sein – schließlich war die letzte Staffel mit rund 300 TeilnehmerInnen die größte Gruppe überhaupt. Mehrere Gewerkschafts-Vorsitzende waren bei der letzten Staffel mitgegangen sowie die Lehrer-Personalräte und ElternvertreterInnen. Insgesamt, schätzt die Kammer, beteiligten sich rund 4000 Jugendliche an der Aktion. Schulsenatorin Rosemarie Raab (SPD) traf sich gestern nachmittag mit den OrganisatorInnen (siehe S. 21).
Als die meisten SchülerInnen längst wieder in ihren Klassen saßen, war in der Demo-Zentrale an der Moorweide aufräumen angesagt: Müll wegbringen, leere Colakisten auch und den Bauwagen zurück an die Firma, die ihn zur Verfügung gestellt hatte. Ein eigenartiges Gefühl nach sieben Tagen und Nächten. Denn Strapazen hin, Schlafmangel her: „Irgendwie“, findet Mitorganisator Sebastian Ferse, „ist es schade, daß es jetzt vorbei ist“. Judith Weber
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