Arm, aber schlau

Kleine Tropfen, große Kreise: Die Hamburger Kulturstiftung, aktive Mittlerin zwischen Geld und Kunst, feiert Zehnjähriges  ■ Von Heike Dierbach

Die Nachricht von dem Geburtstagsgeschenk schlug ein wie eine Bombe, berichtet Sandra Issen, Geschäftsführerin der Hamburgischen Kulturstiftung: Eine Million Mark spendierte ein anonymer Spender der Stiftung zu ihrem gestrigen zehnten Geburtstag. Ihr Kapital erhöht sich damit mit einem Schlag um 25 Prozent.

Die Hamburgische Kulturstiftung, 1988 vom Hamburger Senat gegründet, aber privatrechtlich organisiert, verfügte – im Gegensatz zu den Stiftungen anderer Bundesländer – nie über ausreichend Kapital, um ihre Förderung allein aus den Zinsen finanzieren zu können. Die reichen gerade für die Gehälter der zehn MitarbeiterInnen und die Betriebskosten. „Aber wer arm ist, muß schlau sein“, erörtert Alfred Lambeck, Vorstand des Stiftungsrates. Seit ihrer Gründung arbeitet die Einrichtung daher ähnlich wie eine Agentur: Sie akquiriert Mittel bei privaten Sponsoren und Unternehmen und verteilt sie als „aktive Mittlerin“ an Projekte – über 100 sind das bisher schon.

„Der Andrang der Künstler ist groß“, berichtet Lambeck. Rund 150 Anträge aller Sparten gehen jährlich bei der Stiftung ein. Rund ein Zehntel wird angenommen. Wonach wählt man da aus? „Im Mittelpunkt“, erläutert Issen, „steht die Förderung zeitgenössischer Kunst“ – wie etwa das Wuppertaler Tanztheater von Pina Bausch oder eine internationale Ausstellung osteuropäischer Kunst. Auch interdisziplinäre Projekte finden Beachtung. Ende des kommenden Jahres fördert die Stiftung beispielsweise das Theaterprojekt Memory Song – das im Terminal 2 des Hamburger Flughafens anberaumt ist.

Rund 500.000 Mark hat die Stiftung jährlich zur Verfügung, aus eigenen Zinserträgen und dem, was die Mitglieder des Freundeskreises jährlich einzahlen, nämlich zwischen 1000 und 10.000 Mark pro Person. Über die Verwendung entscheidet ein neunköpfiger Stiftungsrat, deren Vorsitzende die jeweils amtierende Kultursenatorin ist. Bestellt und beraten wird der wiederum von einem Kuratorium aus Förderern und Sachverständigen, dem derzeit unter anderem Helmut Greve und Ludger Staby angehören.

Mittel an kommerzielle Projekte Einzelpersonen oder Dauerförderungen vergibt die Stiftung nicht. „Wir wollen vor allem etwas anstiften und Wellen schlagen“, betont Lambeck. Das soll übrigens auch das neue Logo der Stiftung – ein Tropfen, der Kreise zieht – verdeutlichen. Darüber hinaus vergibt die Institution drei Preise im Auftrag privater Mäzene und im Herbst 1999 erstmalig auch eine Auszeichnung für spendierfreudige Unternehmen – undotiert natürlich.

Finanziell fördert die Stiftung im kommenden Jahr unter anderem die Inszenierung Tango, Tango, Tango, die Hamburger Lesenacht-Woche für Schulkinder sowie einen neuen Band in ihrer eigenen Schriftenreihe, der die Geschichte des Deutschen Schauspielhauses in Verbindung mit der Geschichte der Stadt Hamburg und ihrer Gesellschaft dokumentiert.

Das größte Projekt der Stiftung in diesem Jahr, die Kulturlotterie, brachte indes nicht den gewünschten Erfolg. Statt der erhofften 150.000 Lose werden wohl bis zur Abschluß-Gala im Februar nur rund 100.000 verkauft sein. Für Kultursenatorin Christina Weiss ist dies auch ein Indiz für die mangelnde Populärität von Kultur in der Bevölkerung: „Ein Los verkauft sich halt besser, wenn als Preise nicht Theaterabos winken, sondern Reisen und Autos.“