Bombenalarm am Bahnhof

Hauptbahnhof wurde für drei Stunden evakuiert. Morgens wieder normaler Zugverkehr. Kunden lassen sich nicht abschrecken  ■ Von Gernot Knödler

Die Bombendrohung gegen den Hamburger Hauptbahnhof war offenbar Teil der bundesweiten Erpressung, die die Deutsche Bahn seit Tagen in Atem hält. Wie Polizeisprecher Hans-Jürgen Petersen gestern erklärte, handelte es sich bei der Drohung nicht um den Anruf eines Trittbrettfahrers. Die Hamburger Polizei geht davon aus, daß der Bombenalarm, der zu einer dreistündigen Sperrung des Hauptbahnhofs führte, in direktem Zusammenhang mit der Erpressung der Deutschen Bahn steht. Sprengsätze wurden auf dem Bahnhof nicht gefunden. Der Zugverkehr hatte sich schon gestern morgen wieder normalisiert.

Von 23.14 Uhr Dienstagnacht bis 2.12 Uhr war zuvor jeglicher Reiseverkehr lahmgelegt. Der Hauptbahnhof mußte evakuiert und anschließend gesperrt werden. 50 PolizistInnen durchsuchten mit Hilfe von Hunden Schließfächer und Autos vor dem Bahnhof nach Sprengstoff. „Wir haben gesucht, aber nichts gefunden“, sagte Polizeisprecher Petersen.

Wegen der Sperrung des Bahnhofs gab es im norddeutschen Bahnverkehr Behinderungen und Verspätungen bis zu 50 Minuten. Insgesamt 34 Fernzüge und 37 S-Bahnen fielen aus, mehrere Tausend Bahnreisende mußten bereits in Altona oder Harburg die Züge verlassen. Sie wurden mit Bussen ins Stadtzentrum oder zu ihren Anschlußzügen gebracht.

Die Kundschaft der Bahn ließ sich nach Auskunft von Bahn-Sprecher Egbert Meyer-Lovis wenig von der Bombendrohung beeindrucken. „Es ist vereinzelt vorgekommen, daß Leute ihre Fahrkarten zurückgegeben haben“, räumte Meyer-Lovis ein. Auch gestern reagierten Bahnreisende eher gelassen: „Es ist Weihnachten, ich will zu meinen Eltern“, sagte etwa der 29jährige Kai Böstering. Nicht zu fahren sei für ihn „kein Thema“, obwohl er die Sperrung zufällig hautnah miterlebt habe.

„Wie soll man denn sonst nach Konstanz kommen“, fragte die Abiturientin Josiena Rudolph. Sie habe „vielleicht kurzzeitig“ gezögert, sei dann aber doch aufgebrochen. „Man muß immer davon ausgehen, daß es einen nicht trifft“, lautet ihre Maxime. Reinhard und Mary Luz Simon befanden, eine Reise unter solchen Vorzeichen sei eben „Schicksalssache“. „Wir haben schon andere Reisen mit gewissem Risiko unternommen, beispielsweise in Südamerika“, sagte Reinhard Simon. Er muß es wissen, immerhin stammt seine Frau aus Peru.

Im Norden Deutschlands war dies seit Montag abend die vierte Bombendrohung gegen Bahnhöfe. Zunächst waren am Montag die Bahnhöfe in Kiel und Lübeck nach Anrufen gesperrt, geräumt und durchsucht worden. Am Dienstag abend wurde dann erneut der Lübecker Bahnhof evakuiert. Auch der Frankfurter Hauptbahnhof wurde in der Nacht zum Mittwoch nach einer anonymen Drohung für vier Stunden gesperrt.

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