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Den polemischen Atomkritikern entgegentreten

■ Von Anfang an hatten die beiden von Trittin aufgelösten Atomkommissionen den Zweck, die Gefahren von AKW herunterzuspielen. In ihnen saßen fast nur Mitglieder der Atomgemeinde

Hannover (taz) – Die neugegründete Kommission solle der Verunsicherung der Bürger durch polemische Kampagnen der Atomkraftkritiker entgegentreten und sie mit den unvermeidbaren Risiken der Atomenergie vertraut machen, so gab 1974 der damalige Bundesinnenminister Werner Maihofer die Richtung vor, als die Strahlenschutzkommission (SSK) erstmals zu einer Sitzung zusammentrat. Die beiden Kommissionen für Strahlenschutz und Reaktorsicherheit, die Bundesumweltminister Jürgen Trittin erst einmal aufgelöst hat, waren von Anfang an Teil der Atomgemeinde, jenes Beziehungsgeflechts aus AKW- Betreibern, AKW-Herstellern und der Atomförderung verpflichteter Forschungseinrichtungen.

Die Mehrzahl der Mitglieder der Reaktorsicherheitskommission (RSK) etwa rekrutierte sich bis zuletzt aus Unternehmen, die an der Atomkraft verdienten, oder Einrichtungen, wie etwa Kernforschungszentren, die sich der Förderung der Atomkraft verschrieben haben. Unter den 26 RSK-Mitgliedern etwa fand sich nicht ein ausgewiesener Atomkraftkritiker, dafür war etwa die private Gesellschaft für Anlagen und Reaktorsicherheit (GRS), deren Geschäftsführer Adolf Birkhofer auch RSK-Vorsitzender war, gleich mit vier Experten vertreten. Zwei RSK-Mitglieder arbeiteten im Hauptberuf bei AKW-Betreibern, weitere fünf bei Kernforschungszentren.

Die neue RSK, deren Satzung Trittin gestern erlassen hat und deren Mitglieder im Januar berufen werden, soll nun das gesamte wissenschaftliche Meinungsspektrum umfassen. Nach Angaben von Trittins Sprecher soll auch ein Teil der bisherige RSK-Miglieder der neuen Kommission angehören. Allerdings soll nun nicht nur Pluralismus in die beiden Kommissionen einziehen; sie sollen künftig auch keine politischen Entscheidungen mehr treffen dürfen, sondern sich auf wissenschaftliche Beratung konzentrieren. Künftig nicht mehr geben wird es eine Empfehlung wie die der RSK, das DDR-Endlager Morsleben weiterzubetreiben, obwohl dieses nie dem bundesdeutschen, RSK-eigenen Sicherheitsstandards entsprach.

Ihrer Strahlenschutzkommission haben es die Bürger zu verdanken, daß die Bundesrepublik bis heute bei den Grenzwerten zum Schutz vor Radioaktivität selbst den Empfehlungen der internationalen Strahlenschutzkommission stets hinterherhinkte. Zwölf Jahre brauchte die SSK etwa um eine Empfehlung zur Senkung der Grenzwerte aus dem Jahre 1977 umsetzen. Eine weitere, 1991 empfohlene Grenzwertverschärfung harrt bis heute der Umsetzung. Dafür hatte die SSK 1993 einen Vorsitzenden, der in der Zeitschrift „Atomwirtschaft“ schrieb: „Wer neben einem Menschen steht, erhält durch dessen natürliche Radioaktivität mehr Strahlenexposition als durch einen Reaktor in ein paar Kilometer Entfernung.“ Jürgen Voges

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