Sorgen vor „Autonomie der Monarchen“

■ Die Koalitionäre von CDU und SPD wollen per Gesetz den Hochschulen mehr Eigenständigkeit lassen und dem Rektor viel mehr Macht geben als heute. Hochschulgremien erheben Einwände

Die Hochschulen in Bremen sollen nach dem Willen der Politik mehr Selbständigkeit bekommen. Das wird weithin begrüßt. Aber wer in den Universitäten jenen Teil der Macht übernimmt, den die Landesbehörden an die autonome Institution abgeben sollen, darüber gehen die Meinungen auseinander.

Bremens große Koalition aus SPD und CDU möchte die Position des Rektors massiv stärken, um die Strukturen effizienter zu machen und Veränderungen zu beschleunigen. Darum ist im Entwurf der Koalition für das neue Bremische Hochschulgesetz, das im Januar verabschiedet werden soll, vorgesehen, dem Rektorat die ausschließliche Verfügung über Stellen und Mittel zu übertragen.

Der Akademische Senat (AS, an der Bremer Universität 21 Mitglieder, darunter 11 Professoren), das zentrale Beschlußorgan jeder Hochschule, wäre auf Wahl oder Abwahl des Rektors beschränkt. Das Konvent (61 Mitglieder an der Uni), bisher formal das höchste Gremium, wird abgeschafft. Eine ähnlich starke Stellung wie der Rektor sollen auf der Ebene der Fachbereiche Dekane oder Fachbereichssprecher bekommen.

Gegen diese Pläne haben Professoren und Studenten massive Bedenken, die in den Akademischen Senaten von Universität und Hochschule auch deutlich artikuliert werden. Der AS der Universität traf sich kurz vor Weihnachten eigens zu einer Sondersitzung, um eine einheitliche Stellungnahme für ein im Januar geplantes Parteien-Hearing formulieren zu können.

„Wir bekommen die Autonomie für Monarchen“, kritisiert der Uni-Professor Hans-Jörg Sandkühler und befürchtet eine Entdemokratisierung der Hochschule. Und der Soziologie-Professor Gerd Syben von der Hochschule Bremen ist der Ansicht, die Koalition sei mit ihrem Ansinnen, die Strukturen der Hochschule effizienter zu machen, weit übers Ziel hinausgeschossen und habe vergessen, „irgendeine Sorte von Kontrolle“ vorzusehen. Die Professoren verlangen, dem AS wie einem Parlament die Hoheit über das Hochschulbudget zu überlassen. Der Rektor dürfte zwar einen Haushalt vorlegen, müßte sich aber genehmigen lassen, was er damit macht. „Kein Unternehmen funktioniert doch so, daß einer alleine mit dem ganzen Geld rumfuhrwerkt“, sagt Syben.

Die Struktur mit einer straken Figur an der Spitze setzt sich auch auf der Fachbereichsebene fort, wo die gewählten Fachbereichsräte Kompetenzen abgeben sollen. „Nur Erotiker der Macht“, lästert Syben, würden sich wie vorgesehen die „Vergabe von Mitteln, Stellen und Einrichtungen“ gegenüber ihren Professorenkollegen aufladen. Sandkühler bezweifelt, daß Wissenschaftler sich für diese Aufgabe hergeben: „Professoren wollen forschen und lehren und nicht administrieren.“ Der Koalitionsentwurf setze auf neue Leute, „die am administrieren und Macht ausüben Freude haben“, sagt der Biologe Hans-Konrad Nettmann. Statt die Spitze des Fachbereichs zu stärken, sollten eher die Studiengänge mehr Einfluß bekommen, der Dekan müsse dann die verschiedenen Positionen moderieren, so die Meinung des Uni-AS. Es sei nicht denkbar, daß ein Dekan für die Angelegenheiten eines fremden Fachs so eine starke Leitungsfunktion hat. „Das geht nicht“, stellt der Physiker Jürgen Gutowski klar.

Syben vermutet als Motivation der Reformer eine „pauschale Verdächtigung“: „Die kämpfen gegen ein Phantom. Das heißt: alle Professoren sind faul.“ J. Fahrun