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„Von Fischen weiß ich nichts“

Millionenverluste durch Ölpest: Krabbenfischer wollen gegen Reeder und Kapitän der Pallas klagen. Umweltministerium überrascht  ■ Von Elke Spanner

Wenn das Restöl längst abgepumpt und die Pallas an Land geschleppt sein wird, werden sich noch die Gerichte mit dem havarierten Holzfrachter beschäftigen müssen. Gestern kündigte die schleswig-holsteinische Landesvereinigung der Nordseekrabben- und Küstenfischer an, auf Entschädigung für Verluste zu klagen, die den Fischern infolge der Ölkatastrophe entstanden seien.

Rund 150 Krabbenfischer wollen vor Gericht ziehen. Auf welchen Betrag sich ihr Schaden belaufe, vermochte der Geschäftsführer der Vereinigung, Johannes Rosenzweig, nicht zu sagen: „Das prüfen wir noch.“ Der Hamburger Rechtsanwalt der Krabbenfischer, Michael Günther, geht von einem Schaden in Höhe von mehreren Millionen Mark aus.

Das ausgetretene Öl, so Rosenzweig, habe die Netze und die darin gefangenen Tiere verunreinigt. Deshalb hätten sich die Krabbenfischer aus dem Wattenmeer rund um Amrum zurückziehen müssen – und das zu einer Zeit, in der „die Nachfrage groß war und gute Preise zu erzielen waren“. Da sie die dortigen Bestände unter sich aufteilen mußten, seien auch Fischer aus umliegenden Gebieten betroffen gewesen. Der Verdienstausfall sei „schwerwiegend“.

Überrascht von der angekündigten Klage zeigte sich gestern die Sprecherin des Kieler Umweltministeriums, Claudia Sieg. Daß die Fanggründe der Krabbenfischer beeinträchtigt gewesen seien, sei eine ihr neue Information. „Über 11.000 Seevögel sind gestorben“, sagt sie. „Von verunreinigten Fischen weiß ich nichts.“ Auch beim Landwirtschaftsministerium hätten die Fischer noch keine Schäden beklagt.

Der Sprecher des schleswig-holsteinischen Nationalparkamtes, Hendrik Brunckhorst, verweist zudem auf zwei Untersuchungen des Geesthachter Forschungszentrums GKSS: Bodenproben, die im Umkreis zwischen 200 Metern und acht Kilometern rund um die Pallas entnommen worden seien, hätten keine Ölbestände auf dem Meeresgrund festgestellt. Auch Meldungen, daß die Muschelbänke zwischen Föhr und Amrum verunreinigt gewesen sein sollen, hätten sich nicht bestätigt.

Daß die Fischer zumindest kurzzeitig beeinträchtigt waren, bestätigt hingegen Brunckhorsts Kollege Thomas Borchert. Zwar sei in der Tat Öl nicht auf dem Meeresboden, sondern nur als Film an der Oberfläche gewesen. Und Krabben würden mit Grundnetzen am Meeresboden gefischt – die müßten aber durch den Ölfilm hindurch aufs Schiff gehievt werden. Und dabei, so Borchert, seien die Netze und auch die Krabben verschmutzt worden, so daß sie nicht mehr verkauft werden konnten. Das Problem habe jedoch nur kurzzeitig Ende November für wenige Tage bestanden, bis das Öl abgesaugt war.

Rechtsanwalt Michael Günther will die Klagen gegen die Reederei und den Kapitän der Pallas richten. Damit soll zum einen der Schaden der Fischer ausgeglichen werden. Darüber hinaus will Günther aber vor allem erreichen, daß die „Gefahrenabwehr“ auf hoher See verbessert wird.

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