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Hauen und Stechen für alle Außenseiter

■ Sein neuer Film zählt zwar nicht zu seinen besten, aber Król bleibt Król. Bei der Präsentation von „Die Stunde des Lichts“ sprach Joachim Król („Der bewegte Mann“, „Rossini“) mit der taz

taz: In „Zugvögel... Einmal nach Inari“ sahen wir Sie mit der Bahn ins tiefste Skandinavien fahren, und in „Die Stunde des Lichts“ spielen Sie nun einen norwegischen Trapper in der Eiswüste von Spitzbergen. Verwandeln Sie sich langsam in eine Figur von Kaurismäki, Herr Król?

Joachim Król: Ich habe tatsächlich ein Faible für den Nordosten, und ich spekuliere jetzt darauf, mal auf das legendäre finnische Filmfest von Aki Kaurismäki eingeladen zu werden. Aber diese Kontinuität von einer Filmfigur zur anderen ist reiner Zufall.

Was hat sie an dieser merkwürdigen deutsch-holländisch-belgischen Koproduktion gereizt?

Beim Lesen des Drehbuchs habe ich gemerkt, daß in der Geschichte und in meiner Rolle etwas ganz Extremes drinne ist. Und die Dreharbeiten waren dann sogar noch viel extremer als erwartet.

Der Film spielt am nördlichsten Landzipfel der Erde, und da haben sie auch für den größten Teil des Films gearbeitet.

Alles wurde da bei Wind und Wetter gedreht.

Auch die vielen Szenen in der Hütte? So etwas wird doch in aller Regel im Studio produziert.

Dafür haben wir extra ein riesiges Zelt in der Schneewüste aufgebaut. Auf Spitzbergen kippt ja das Wetter ständig um. Da kann man bei Schneestürmen nicht schnell mal eben in die Studios zum Drehen fliegen. Und so hatten wir für jeden Drehtag zwei Dispos. Bei gutem Wetter gingen wir alle raus und waren froh; bei schlechtem Wetter mußten wir uns dann im Zelt abmühen.

In dem Film ist es zum Teil extrem kalt, Sie fahren mit dem Hundeschlitten durch die dunkle Eiswüste und sehen manchmal aus wie ein Schneemann. All das mußten Sie offensichtlich tatsächlich durchstehen.

Bei dem Schnee an der Mütze hat schon die Maskenbildnerin mit ein paar Kristallen nachgeholfen. Immer nur verhüllt in Pelz und Schnee lief ich aber nicht herum; dann hätten sie ja auch irgendjemand anderen als Schauspieler nehmen können. Aber es war schon bitterkalt mit bis zu minus 40 Grad und durchschnittlich minus 25 Grad. Wenn man unvorsichtig war, konnte man sich ganz schnell Erfrierungen holen. Beim Drehen gab es täglich neue Grenzen zu sprengen. So mußte ich auch lernen, mit den Hunden umzugehen. Die sollten mich zumindest als Nebenboß hinter dem Trainer akzeptieren. Zu diesem Zwecke wurde ich einmal in einen Käfig gesperrt. Da trabten dann nacheinander alle Hunde an, und meine Aufgabe ware, bei jedem Knuffer und jedem Biß sofort zurückzukloppen.

Der Film folgt den Jahreszeiten vom Sommer in den dunklen Winter bis in den Frühling hinein. Wie lange haben Sie an dem Film gearbeitet?

Zwei Monate im Winter und dann nochmal fünf Wochen im Sommer. Zwischendurch war ich so fertig, daß ich nichts anderes gemacht habe.

Der ganze Film ist synchronisiert. Und es wirkt schon etwas befremdlich, wenn die belgische Schauspielerin Francesca Vanthielen vorgibt, ein lupenreines Deutsch zu sprechen, während Sie den ganzen Film über so tun, als müßten Sie diese Sprache erst ganz langsam lernen.

Gedreht wurde in englisch, flämisch und norwegisch, und ich spreche eigentlich englisch mit norwegischem Akzent. Bei der Synchronisation für Deutschland haben sich etliche Leute den Kopf zerbrochen. Die Konstellation ist schon sehr tricky, denn es geht ja auch um das Lernen der Sprache sowie um sprachliche Mißverständnisse, und dadurch wurde es gleich doppelt so schwierig. Da hat es bei der Arbeit auch blutige Schläfen gegeben. Die erste Synchronfassung haben ich gleich in den Müll geschmissen, so schlecht war die. Aber ich glaube, die Lösung, die wir jetzt gefunden haben, ist die bestmögliche.

Viele Kritiker schreiben, daß Sie hier wieder eine typische schüchtern skurrile Królfigur spielen. Haben Sie nicht Angst, auf diesen Typ festgelegt zu werden?

Für mich ist das eher das Problem der Kritiker. Solange mir eine Geschichte gefällt, und die Rolle mir zusagt, spiele ich sie auch. Es ist ja klar, daß ich für die Rolle von „Conan – der Barbar“ nicht infrage komme. Ich kann ja nur spielen, was man mir anbietet, und da suche ich mir schon das Beste aus. Ich haben den Eindruck, daß die Leute mich gerne sehen, und ich werde mich hüten zu fragen, warum das so ist, solange es funktioniert. Aber eins steht fest: Ich liebe meine Figuren, und ich verteidige sie mit Hauen und Stechen.

Haben sie schon mal einen richtig fiesen Möp gespielt?

Nein. Auch in „Lola rennt“ bin ich ja eher ein armer Teufel. Meiner Mutter habe ich gesagt, so hätte es auch mit mir kommen können. Haben Sie eigentlich gemerkt, daß der Typ im Abspann einen Namen hat? Die wollten den eigentlich nur „der Penner“ nennen. Aber da habe ich gesagt, das sei diskriminierend, und jetzt heißt er „Norbert von Au“. Wenn der so heißt, hat der gleich eine ganze Biografie, die wir nicht erzählen, aber mit der ich die Figur größer machen kann. Damit habe ich sogar einmal den Tom Tykwer mit einem Gedanken überrascht, den der nicht schon längst vorher gehabt hatte. Ich weiß von all meinen Figuren immer Sachen, von denen der Regisseur und selbst der Autor keine Ahnung haben.

Fragen: Wilfried Hippen

Filmrezension: taz, 4.1., S. 14

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