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Sieben Millionen Mark für Auszug

■ Deutscher Beamtenbund bietet Nutzern des Hauses der Demokratie die Auszahlung der veranschlagten Mietsubventionen an. Eine Mieterversammlung soll nun Klarheit schaffen

Der neue Hauseigentümer des Hauses der Demokratie in der Friedrichstraße, der Deutsche Beamtenbund (DBB), hat den dort ansässigen knapp 40 Bürgerrechts- und Umweltinitiativen angeboten, sich die veranschlagten Mietsubventionen von mindestens sieben Millionen Mark auszahlen zu lassen. Dafür sollen sie auf Zivilklagen verzichten und das geschichtsträchtige Haus räumen, das bis zur Wende Sitz der SED-Kreisleitung war und 1990 von Bürgerrechtlern übernommen wurde. Voraussetzung für das Angebot ist, daß alle Nutzer das Haus verlassen.

Der Deutsche Beamtenbund hatte im November vergangenen Jahres nahezu das gesamte Blockensemble an der Friedrichstraße zwischen Behrenstraße und Französischer Straße erworben und den im Haus der Demokratie ansässigen Initiativen fristlos gekündigt. Damit wollte der DBB die rechtlichen Voraussetzungen für das vereinbarte Mietverhältnis mit der neu gegründeten Bundesstiftung „Aufarbeitung der SED-Diktatur“ schaffen, die nach Abschluß der Sanierungsarbeiten in anderthalb Jahren zwei Drittel der Räumlichkeiten erhalten soll. Das Erdgeschoß will der DBB an Einzelhändler vermieten, die Bundesstiftung soll auch dort einen Raum bekommen. Nach der ursprünglichen Vereinbarung zwischen dem DBB und der Bundesstiftung sollte die Miete in den ersten zwei Jahren ein Viertel der Vergleichsmiete in der Friedrichstraße betragen, dann zehn Jahre lang die Hälfte und nach 17 Jahren Nutzungsdauer schließlich 100 Prozent. Die Preise dürften für die meisten Gruppen im Haus der Demokratie das Aus bedeuten.

Entgegen anderslautenden Presseberichten ist derzeit noch völlig unklar, ob die Mehrheit der Nutzer auf das Angebot des DBB eingehen wird. Sowohl die Stiftung „Haus der Demokratie“ als auch der Selbstverwaltungsverein, der 18 Initiativen vertritt, verweisen auf eine für Anfang nächste Woche geplante Mieterversammlung. „Ich weiß nicht, ob alle mitgehen“, sagte gestern Katharina Rürop von der Stiftung. Auch Vorstandsmitglied Erhard O. Müller vom Selbstverwaltungsverein hält sich bedeckt. „Viele Leute hängen emotional an dem Haus“, sagte er. Die Tatsache, daß das Neue Forum bereits im vergangenen Jahr seine Hauptgeschäftsstelle nach Erfurt verlegt hat, sei kein „Tendenzindiz“, betonte der Bündnisgrüne. Müller kann sich vorstellen, das geschichtsträchtige Haus in der Friedrichstraße zu räumen, wenn „ein adäquates Gebäude im publikumsbelebten Teil von Mitte“ gefunden werde. Auch Katharina Rürop von der Stiftung kann sich bei einem geeigneten Objekt vorstellen, das Schild „Haus der Demokratie abzuschrauben und an einem anderen Gebäude anzubringen“. Träger könnte die Stiftung „Haus der Demokratie“ sein. „Es geht um einen Neuanfang für Nichtregierungsorganisationen im Regierungsviertel“, so Rürop.

Weil der DBB Planungssicherheit braucht, drängt er auf Eile. „Wir wollen im Januar eine Entscheidung haben“, sagte gestern Pressesprecher Rüdiger von Woikowsky. Am 18. Januar ist ein weiteres Gespräch zwischen den Nutzern und dem DBB geplant. Barbara Bollwahn de Paez Casanova

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