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Vietnamesen besetzen Halle

■ Vietnamesische Händler in Lichtenberg fordern Sanierung des wegen Baumängeln geschlossenen Handelszentrums. Bezirksamt sucht nach Lösung, schließt aber Räumung nicht aus

Etwa 50 vietnamesische Großhändler haben die seit Jahresbeginn geschlossene Gewerbehalle in der Rhinstraße in Lichtenberg besetzt. Damit protestieren die Familienunternehmen gegen den Verlust ihrer Arbeitsplätze. Die Bauaufsicht des Bezirksamtes hatte die Halle wegen grober Sicherheitsmängel schließen lassen. In der Halle fehlen Brandschutztüren, Rauchabzüge und eine Sprenkleranlage.

Den Vietnamesen ist es aber weiterhin gestattet, ihre Verkaufsware dort zu lagern. „Seit die Halle geschlossen ist, hat der Betreiber seinen Wachschutz abgezogen. Wir müssen also unsere Waren selbst bewachen“, begründet Lebensmittel-Großhändler Van Tuy Nguyen juristisch geschickt die Handhabe für die Hausbesetzung. Die Familienfirmen können ihrer Ansicht nach wirtschaftlich nur überleben, wenn sie alle unter einem Dach um Kunden, die vielen hundert vietnamesischen Wochenmarkthändler, werben. Auch die Arbeitsplätze von Dolmetscherbüros und vietnamesischen Reisebüros in benachbarten Gebäuden seien gefährdet, wenn die Kunden ausbleiben.

Mit der Aktion hat sich der Streit um das Zentrum zugespitzt. 1995 hatte der Unternehmer Karl Buchholz die Halle von der Immobilienfirma ICI gemietet und an vietnamesische Händler weitervermietet. Die Mieteinnahmen investierte Buchholz jedoch nicht in die marode Halle, sondern in den Bau einer neuen, die noch nicht fertig ist. Nach jahrelangen Prozessen wurde Buchholz der Mietvertrag inzwischen gekündigt.

Die Halleneigentümerin ICI ist inzwischen pleite. Seit ihrem Konkursantrag steht die Halle unter Zwangsverwaltung des ICI- Hauptgläubigers, der DG-Bank. Besetzer Van Tuy Nguyen fordert von der DG-Bank, sofort einen Bauantrag für die Sanierung der Halle zu stellen oder aber den Vietnamesen eine Ersatzimmobilie anzubieten.

Der von der Bank gestellte Zwangsverwalter Günter Küpker hält den Bauantrag für unrealistisch, weil ihm die Bank nicht das erforderliche Geld zur Verfügung stellen könne, und fordert seinerseits das Bezirksamt Lichtenberg auf, Bauantrag zu stellen. „Das ließe die Berliner Bauordnung zu“, so Küpker.

Das wiederum hält Bezirksbürgermeister Wolfram Friedersdorff (PDS) für lächerlich: „Banken haben gewöhnlich mehr Geld als Ämter.“ Das Bezirksamt sei jedoch mit Investoren im Gespräch und bemühe sich intensiv um eine neue Halle, damit die Vietnamesen ihre Geschäftstätigkeit fortsetzen können. Zwar präferiert Friedersdorff eine einvernehmliche Lösung mit den Händlern. Dennoch wollte er aber eine Räumung mit Hilfe der Polizei nicht ausschließen. Darüber sei aber noch nicht entschieden worden. Marina Mai

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