: Die Südwestliberalen lassen die Muskeln spielen
■ Auf dem Stuttgarter Parteitag der FDP grenzt sich der Landeschef Döring von der CDU ab
Stuttgart (AFP) – Bei ihrem traditionellen Dreikönigsparteitag haben sich die Südwestliberalen vor allem beim Thema Drogen von der Koalition mit der CDU in Stuttgart abgegrenzt. FDP-Landeschef Walter Döring forderte gestern in Stuttgart eine „humane Drogenpolitik“. Wer sich einem humanen Umgang mit Drogenabhängigen verschließe und sie in die Ecke Schwerstkrimineller stelle, stehe nicht, wie von der CDU propagiert, „mitten im Leben, sondern der liegt voll daneben“, rief Döring unter dem Beifall der 400 Delegierten. Deshalb unterstütze die FDP beispielsweise auch die Bemühungen der Stuttgarter Caritas zur Einrichtung einer Fixerstube in der Innenstadt.
Am Nachmittag wurde Döring mit überwältigender Mehrheit – 315 von 345 Delegierten stimmten für ihn, einen Gegenkandidaten gab es nicht – für zwei weitere Jahre als Landeschef bestätigt.
CDU-Ministerpräsident Erwin Teufel hatte sich am Vortag vehement gegen die Einrichtung von Fixerstuben und die staatlich kontrollierte Abgabe von Heroin ausgesprochen. Nach Teufels Überzeugung vermindern Fixerstuben die Motivation zum Ausstieg. Döring, der noch einen Lendenwirbelbruch bei einem Hubschrauberabsturz Anfang Dezember auskuriert und ein Stützkorsett tragen muß, sagte, seine Partei wolle eine humane Drogenpolitik nicht mit dem Ziel, den Koalitionspartner vor den Kopf zu stoßen. „Wir wollen dies, um kranken Menschen den Weg zurück in die Gesellschaft zu ermöglichen und die uns alle bedrohende Beschaffungskriminalität zurückzudrängen.“
Ferner plädierte der 44jährige dafür, daß beispielsweise bosnische Bürgerkriegsflüchtlinge im Einzelfall im Land bleiben können. Er sei dem seiner Partei angehörenden Justizminister Ulrich Goll außerordentlich dankbar für seinen Einsatz dafür, daß ausländische Arbeitnehmer mit ihren Familien im Einzelfall in Deutschland bleiben könnten, auch wenn sie im üblichen Verfahren keine Aufenthaltsgenehmigung bekommen würden. „Diese Arbeitnehmer machen Jobs, für die sich mittlerweile viele deutsche Arbeitslose leider zu schade sind.“ Zugleich nannte Döring die von der Union geplante Unterschriftenaktion gegen die doppelte Staatsbürgerschaft „gefährlich und unanständig“.
Döring, der auch Wirtschaftsminister in Baden-Württemberg ist, kündigte an, daß die FDP die Privatisierungen vorantreiben wollte. „Und dabei lassen wir uns jetzt auch nicht mehr aufhalten – auch nicht vom größten Privatisierungshindernis in diesem Lande, das ja einen Namen hat: Günther Oettinger“, kritisierte Döring den CDU- Fraktionschef in Stuttgart.
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