: Es lebe die Marsch!
■ Bürgerinitiativen gegen Flächenfraß: neue taz-Serie, Teil 1
Aus der Zeitung erfuhr Gisela Lohße-Trommsdorff, daß das 760 Hektar große Marschland von Hemelingen über Arbergen und Mahndorf entlang der Autobahn bis an die Landesgrenzen zu einem Gewerbegebiet entwickelt werden soll. Eine Fläche, zehnmal so groß wie die Innenstadt. Im Januar 1998 gründete sich auf die Meldung hin die Initiative „Erhaltung der Wesermarsch im Bremer Osten“. Die Bürgerinitiative fürchtet um Hemelingens letztes Naherholungsgebiet.
„Wir sind hier sowieso schon von der Industrie eingekesselt“, so Initiativen-Sprecherin Lohße-Trommsdorff (53). „Wir haben schon zwei Eisenbahnlinien, die Autobahn, die Einflugschneise für den Flughafen und Mercedes.“ Wütend seien die Hemelinger auf den Bremer Senat, „der undemokratisch über die Köpfe der Einwohner hinweg handelt. Die Umsetzung der vorgestellten Planung bedeutet den totalen Verlust der Wohn- und Lebensqualität“, erzürnt sich Gisela Lohße-Trommsdorff.
Auf Drängen der Initiative mußte auch der Hemelinger Beirat Position beziehen. Am 7. Mai fand eine Einwohnerversammlung statt. Den knapp dreihundert Gästen stellten sich Vertreter aus der Politik, nicht aber aus der Wirtschaft. „Doch Unterstützung haben wir nur von den Grünen erhalten. Die anderen Parteien argumentierten immer mit den Arbeitsplätzen, die das Gewerbegebiet schaffen würde.“
Aber dieses Argument läßt die Architektin Lohße-Trommsdorff nicht gelten. Mit dem immer größeren Angebot an Gewerbeflächen würden nur Betriebe aus Bremen an den Stadtrand gelockt, die diese Gelegenheit zur Rationalisierung nutzen würden, was weniger Arbeitsplätze bedeuten würde. „Nur zehn bis 20 Prozent sind Neuansiedlungen, der Rest Umzüge.“
An dem Aktions-Bündnis nimmt die Bürgerinitiative jetzt teil, weil sie sich dadurch eine breitere Öffentlichkeitsarbeit erhofft: „Wir wollen deutlich machen, daß diese Holzhammer- und Flächenfraßpolitik überall in Bremen praktiziert wird.“ Rund 600 Hektar an kleineren Gebieten würden dem Senat für die Bebauung zur Verfügung stehen, das „grüne Natur-Kapital“ dürfe man nicht verschleudern, so Lohße-Trommsdorff. „Marschland ist typisch für Bremen, wir wollen die Flächen so belassen, wie sie sind, landwirtschaftlich und zur Erholung nutzen.“ Stefan Herrmann
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