Kommentar: Diffuse Schließungspläne
■ KlinikmitarbeiterInnen maximal verunsichert
Geradezu inflationär ist inzwischen die Zahl der Krankenhäuser, über deren Schließung diskutiert wird. Auf drei Listen werden unzählige Häuser zur Disposition gestellt. Nicht alle wird es treffen, aber in den nächsten Wochen sind die KrankenhausmitarbeiterInnen einer maximalen Verunsicherung ausgesetzt. Viele Energien, die zweifellos sinnvoller eingesetzt werden könnten, werden in Abwehrkämpfe investiert werden.
Dies hätte sich vermeiden lassen, wenn Gesundheitssenatorin Beate Hübner (CDU) von vornherein ein klares Konzept vorgelegt hätte, welche Häuser geschlossen werden müssen. Statt dessen liegen jetzt neben dem umstrittenen Krankenhausgutachten zwei weitere Diskussionsvorschläge auf dem Tisch. Eine fachliche Begründung für die Schließung der Häuser ist kaum möglich, denn sie sind allesamt strukturell zu teuer. Die Entscheidung, welche Klinik geschlossen wird, ist damit letztlich eine politische. Jetzt gilt: Ring frei für die Lobbyisten der einzelnen Kliniken. Der Senat gerät unter Druck von allen Seiten. Das zeigt auch die Liste mit Schließungsvorschlägen, die gestern die Kassen vorgelegt haben. Sie fordern nun, noch mehr Betten abzubauen, als der Senat beabsichtigt.
Daß der Senat unter Druck gerät, ist selbst verschuldet. Seit Jahren haben die Kassen darauf gedrängt, daß die im Bundesdurchschnitt zu hohen Krankenhauskosten gesenkt werden müssen. Das CDU-geführte Gesundheitsressort hat zu lange gezögert, die notwendigen strukturellen Veränderungen in Angriff zu nehmen.
In Zugzwang gerät der Senat aber auch aus einem weiteren Grund. Wenn es nicht vor Ostern zu einer Einigung kommt, können die Kassen das vereinbarte Sanierungskonzept für die hochverschuldete Betriebskrankenkasse (BKK) aufkündigen. Das Konzept ist an das Gelingen der Krankenhausneustrukturierung geknüpft. Mißlingt dies, droht die Auflösung der Krankenkasse, bei der 15.000 Beschäftigte des öffentlichen Dienstes versichert sind.
Ein Scheitern käme einer Bankrotterklärung der Großen Koalition gleich. Bis Ostern müssen die Würfel fallen – auch im Interesse der KlinikmitarbeiterInnen, die Klarheit über ihre Zukunft erwarten können. Dorothee Winden
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