: Die FDP hat mindestens einen König zuviel
Auf dem Dreikönigstreffen der FDP versucht Generalsekretär Westerwelle, den Liberalen eine Image-Korrektur zu verpassen. Parteichef Gerhardt erschöpft sich in Angriffen auf die rot-grüne Regierung ■ Aus Stuttgart Markus Franz
Auf Guido Westerwelle ist Verlaß. „Ich danke ausdrücklich unserem Generalsekretär“, sagt der Landesvorsitzende der baden- württembergischen FDP, Walter Döring, „der Themen aufgreift und nach vorne bringt, für die es vor wenigen Jahren bei den Liberalen nicht nur Beifall gegeben hat.“ Da strahlt Guido Westerwelle, und der Partei- und Fraktionsvorsitzende der FDP, Wolfgang Gerhardt, schaut ein wenig bedröppelt.
Was hat Westerwelle Grandioses getan? Er hat das Thema Innere Sicherheit für die FDP entdeckt. Wenn sich normale Bürger nicht mehr zur Gedächtniskirche in Berlin trauten, weil es dort eine rechtsfreie Zone gäbe, sagt Westerwelle, „ist dies eine Form der Freiheitsberaubung, die eine Freiheitspartei nicht akzeptieren kann“. Und dann schickt er noch, bewußt langsam und betont sprechend, den Satz hinterher, der wohl ein neues Markenzeichen der FDP-Politik werden soll: „Ohne Sicherheit gibt es keine Freiheit.“ Schließlich muß ein Parteiereignis auch etwas Neues bringen.
Hat Westerwelle also den Dreikönigstreff der FDP durch einen programmatischen Vorstoß gerettet? Hat er es geschafft, der FDP eine zukunftsweisende Richtung zu geben? „Strafe muß der Tat auf dem Fuße folgen“, sagt der Generalsekretär und greift damit eine von allen Parteien erhobene Forderung auf. Die Vorschläge der Justizministerin Herta Däubler- Gmelin, Ladendiebstähle ohne Strafverfahren mit einer pauschalierten Geldstrafe ahnden zu wollen, lehne die FDP ab. Nichts Neues also. Und so findet auch die beliebte These jüngerer Zeit keine Nahrung, die Liberalen befänden sich auf dem Weg zu einer rechtsliberalen Partei.
Vielmehr ist es wohl so, daß die FPD weniger ein Thema selbst besetzen als ein vermeintliches Defizit ausräumen will. Westerwelle sagt es selbst: Die FDP sei im Bereich der Inneren Sicherheit mit „ungerechtfertigten Klischees“ belastet. Zu einem der ältesten Vorwürfe gegenüber den Liberalen gehöre es, daß ihr Plädoyer für den Rechtsstaat ein Plädoyer zugunsten der Täter sei. Damit wolle er aufräumen.
Dennoch zeigt der Vorstoß Westerwelles eins: Die FDP versucht, vom Image als reine Steuersenkungspartei mit einem Sprengsel Bildung wegzukommen und verabschiedet sich zugleich erneut ein Stück von dem alten Image als Bürgerrechtspartei. Der linke Flügel der FDP mit Sabine Leutheusser-Schnarrenberger an der Spitze, die gestern nicht anwesend war, verliert weiter an Bedeutung. Bezeichnend ein Satz, der in einem Strategiepapier von Westerwelle steht: Die FDP müsse sich in der Bürgerrechtspolitik mit „Themen der ausgehenden 90er Jahre und nicht der vergangenen 70er Jahre" beschäftigen. Also nicht mit dem Großen Lauschangriff, wegen dem Frau Leutheusser als Justizministerin zurücktrat, sondern mit Themen, die breite Zustimmung genießen, wie der Abbau von Privilegien der „politischen Klasse“.
Wolfgang Gerhardt, qua Amt eigentlich der starke Mann der FDP, hat dagegen wenig Programmatisches vorzuweisen. Seine Rede erschöpft sich weitgehend in Angriffen gegen die rot-grüne Regierung — und manövriert seine Partei ins rhetorische Aus: Die angekündigten Neubesetzungen verschiedener Beratungsgremien kämen „einem Versuch der Gleichschaltung nach innen gleich“.
Westerwelle ist es, der dann mit griffigen Sätzen versucht, das Negativ-Image der FDP als Partei der Besserverdienenden abzustreifen. „Das Leistungsprinzip, das wir vertreten“, sagt der Generalsekretär etwa, „ist hoch sozial motiviert“, und begründet das damit, daß in einem Rundumversorgungsstaat nicht mehr genug Geld für die wirklich Schwachen und Kranken übrig bleibe.
Nicht wenige bei der FDP sehen daher weniger die inhaltliche Ausrichtung ihrer Partei als ihre personelle Situation im allgemeinen und die Doppelfunktion des Partei- und Fraktionsvorsitzenden im speziellen als Problem.
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