: Tödlicher Besuch im Zauberland
Der romantische Landschaftsmaler Franz Theobald Horny in der Kunsthalle ■ Von Hajo Schiff
Die wildesten Freiheiten heutiger Künstler gehen auf das Kunstverständnis der Romantik zurück. Deshalb tut es manchmal gut, zurückzublicken auf die Zeit, als Bleistift und Tusche ausreichten, um bedeutend zu werden. Mit siebzig Zeichnungen erinnert die Hamburger Kunsthalle an den im November 1798 geborenen Franz Theobald Horny.
Schon Hornys Vater war Landschaftsmaler und unterrichtete an der herzoglichen Freien Zeichenschule in Weimar, malte auch für Goethes Wohnhaus. Die Mutter betrieb eine Farbenhandlung, über die auch Goethe seine Materialien bezog. Das Kind war früh in den Weimeraner Kunstkreis integriert und wurde selbstverständlich zum Maler ausgebildet. 1815 trifft Horny den holsteinischen Adeligen Carl Friedrich von Rumohr, Gentleman-Künstler, Begründer der kritischen Kunstwissenschaft, Schriftsteller und Gastrosoph, dessen Geist der Kochkunst bis heute sein bekanntestes Werk ist. Ein Jahr später reist der bisher vor allem im Kopieren geschulte 18jährige Horny mit diesem 13 Jahre älteren Mentor und finanziellen Förderer über München nach Italien.
In Rom macht der junge Horny die Bekanntschaft von Koch, Overbeck und Cornelius, den damals herausragenden Vertretern des großen Kreises deutscher Künstler im Übergang von Klassizismus zur Romantik. Bald darauf begibt er sich in die Lehre des berühmten Landschaftsmalers Joseph Anton Koch. Die Landschaftsmalerei war damals ein wesentliches Feld, auf dem sich drei widerstreitende Einstellungen zur Welt manifestierten: heroisch-antikisierend, religiös-idyllisch und individuell-romantisch. Im Kopieren und beim heroischen Koch war Horny geschult, doch mit den eher idyllisierenden Nazarenern begann er eine Zusammenarbeit: Gerade daß er keiner Gruppierung zugeordnet werden kann, macht ihn heute wieder interessant. Das gilt sowohl für die ganz individuellen Aneignungen der fremden Landschaft wie für die ätherisch mit Zeichnung und Farben spielenden Visionen ganz idealisierter Orte. Diese Versuche, einen eigenen Ausdruck zu finden, diese halbfertigen und die doppelt überlagerten Skizzen und Studien in Blei, Kreide, Rötel und Feder sind es, die nun aus der Erfahrung der Moderne heraus geschätzt werden.
Seine Liebe zu Italien mußte er früh mit dem Leben bezahlen: Franz Horny starb an der Schwindsucht mit nur 26 Jahren in dem 45 Kilometer östlich von Rom gelegenen Bergstädtchen Olevano in den Sabiner Bergen, deren Landschaft ihm seit seinem ersten Besuch „wie ein Zauberland“ vorkam.
Kunsthalle, Kuppelsaal, bis 14. Februar; Katalog: „Horny. Ein Romantiker im Lichte Italiens“, 176 Seiten, 32 Mark
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