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Die Regierungspartei Algeriens vor dem Zerfall

■ Mit dem Rückzug von Präsident Zeroual hat die RND den Grund ihres Daseins verloren

Algier (taz) – Algeriens Regierungspartei hat ausgedient. Die vor drei Jahren zur Unterstützung von Präsident Liamine Zeroual ins Leben gerufene National-Demokratische Versammlung (RND) dürfte ihren Ziehvater kaum überleben. Seit der Ex-General am 11. September vorgezogene Präsidentschaftswahlen für April angekündigt hat, ist es mit der inneren Einheit vorbei. Die von führenden Entscheidungsträgern aus Staat und Wirtschaft aus den Reihen der ehemaligen Einheitspartei FLN ins Leben gerufene Partei, die sowohl aus den Parlamentswahlen 1996 als auch aus den Kommunal- und Regionalwahlen 1997 als stärkste Kraft hervorging, hat mit Zerouals Rückzug den einzigen Grund ihres Daseins verloren. Sie zerfällt immer stärker in verschiedene Strömungen. Parteichef Tahar Benbaibeche hat jetzt gar die Sitzung des Nationalrates der RND, höchstes Gremium zwischen den Parteitagen, auf der gestern ein Präsidentschaftskandidat ernannt werden sollte, „auf unbestimmte Zeit verschoben“.

Mit dieser Entscheidung hat Benbaibeche die Notbremse gezogen. Denn er und seine Strömung haben innerhalb der RND nach Zerouals Rückzug stark an Gewicht verloren. Zu lange schon hatte sich der Unmut gegen die von Benbaibeche vertretene konservative, an der Religion und der Arabisierung Algeriens orientierte Politik angestaut. Einen starken Mann an der Spitze der RND, um so mit der Aussicht auf einen Wahlsieg die Einheit zu retten, können Benbaibeche und die Seinen nicht bieten.

Als Ersatz hätte Benbaibeche gerne Ex-Regierungschef Ahmed Ouyahia gesehen. Doch der führt jetzt diejenigen an, die sich außerhalb der RND nach ihrem Kandidaten für die Wahlen im April umschauen. Sie haben ihn auch schon gefunden: Abdelazziz Bouteflika, der ehemalige Außenminister unter Präsident Houari Boumedienne. Dieser zieht im Namen der ehemaligen Einheitspartei FLN ins Rennen. Keiner bezweifelt mehr, daß er die Wahlen gewinnen wird, genießt er doch die Unterstützung der übermächtigen Armee. „Wenn die RND nicht auf den Zug Bouteflikas aufspringt, wird sie von der politischen Szene verschwinden“, begründet einer der Vertreter der Abtrünnigen im Nationalrat ihre Position.

„Es wird starker Druck auf unsere Abgeordneten ausgeübt, damit sie Bouteflika unterstützen“, beschwert sich Benbaibeche. So weit, die Armee direkt beim Namen zu nennen, will der RND- Chef jedoch nicht gehen. „Enthüllungen, sofern sie notwendig werden, behalte ich mir für später vor“, weist er gezielte Nachfragen zurück. Zusammen mit der Minderheit innerhalb der Parteiführung setzt er weiterhin auf einen eigenen Kandidaten. In Frage kommt nur einer, Mokdad Sifi, Premierminister Anfang der 90er Jahre. Doch der Wortführer der „Modernisten“ in der RND weckt bei Benbaibeches Konservativen keine Sympathien, wirft er doch der RND-Führung vor, mit ihrer Politik, nur noch „Opportunisten anzuziehen“, und „die Wünsche der Bürger zu übergehen“. Reiner Wandler

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