: Ölpreissturz macht Regieren leicht
Gunda Röstel frohlockt: Weil der Rohölpreis fällt, könne auch die SPD im nächsten Jahr einer Steuererhöhung für Benzin von mehr als sechs Pfennig zustimmen ■ Von Matthias Urbach
Berlin (taz) – Der erste Schritt zur Ökosteuer ist noch nicht ganz unter Dach und Fach, da schlagen die Grünen schon Pflöcke für den zweiten und den dritten Erhöhungsschritt ein, die am 1. April 2000 und 2001 folgen sollen. „Ich bin sicher, daß wir im zweiten und dritten Schritt jeweils über dem jetzigen ersten Schritt liegen werden“, sagte Parteichefin Gunda Röstel gestern der taz.
„Angesichts des aktuellen Preissturzes beim Benzin, der sich zwischen 10 und 20 Pfennig bewegt, sehe ich, daß für eine Erhöhung der Mineralölsteuer neue Spielräume gewonnen sind“, erklärte Röstel. Sie sei froh, daß es nun auch „für unseren Koalitionspartner leichter werde, hier einen deutlichen Schritt zu gehen“. So könnte der abgestürzte Rohölpreis, der mehrere afrikanische, vom Ölexport abhängige Länder in Finanzkrisen stürzt, wenigstens Rot-Grün das Regieren leichter machen. Einen genauen Betrag für die angestrebte Steuererhöhung wollte die grüne Parteichefin aber nicht nennen. Röstel möchte die Beratung über den zweiten und den dritten Schritt der Ökosteuer zusammenziehen. Beides könne bereits nach der kommenden Sommerpause anlaufen.
FDP-Generalsekretär Guido Westerwelle warf SPD und Grünen eine „schamlose Abkassierpolitik“ vor. „Wenn die Benzinpreise demnächst erneut steigen, wird Rot-Grün die Mineralölsteuer wohl kaum wieder senken“, sagte Westerwelle. Der Verbraucher bleibe der Dumme.
Wir erinnern uns: Der erste Schritt bringt eine Erhöhung von sechs Pfennig, festgelegt ungewöhnlicherweise bereits im Wahlkampf durch das Versprechen von Gerhard Schröder, der den Grünen nach der Fünf-Mark-Debatte nicht ins Stimmungstief folgen wollte. Dies hatte zur Folge, daß Rot-Grün dafür nach der Wahl beim Strom um so deutlicher zulangen mußte, weil schließlich die versprochenen gut 11 Milliarden Mark zur Senkung der Lohnnebenkosten um 0,8 Prozentpunkte zusammenkommen mußten.
Weil die Industrie beim Strom nur einen ermäßigten Ökosteuersatz zahlen muß, geht eine Ökosteuer auf Strom überwiegend zu Lasten der privaten Verbraucher. Bei Benzin sind die Aufkommen, die aus der Wirtschaft und von den Privaten, deutlich ausgeglichener. Deshalb ist eine höhere Steuer auf Benzin sozial gerechter, als auf Strom.
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