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Kleiner Markt mit hohem Risiko

Wer Aktien kaufen will, hält sich besser an börsennotierte Papiere und besorgt sie bei der Bank. Alternative Vertriebswege sind nur Experten zu empfehlen  ■ Von Hermannus Pfeiffer

Die Kurszettel der deutschen Börsen werden immer länger. Allein im vergangenen Jahr stieg die Zahl der gehandelten Aktienwerte um fast ein Drittel. Inzwischen werden hierzulande über 860 inländische und mehr als 3.000 ausländische Aktien gehandelt. Privatanleger kaufen diese Spekulationspapiere üblicherweise über ihre Bank oder Sparkasse – aber nicht alle.

Die kapitale Palette wird noch größer durch die „vorbörslichen“ Anteilsscheine von etwa 3.200 inländischen Aktiengesellschaften, die an keiner Börse notiert sind. Deren Aktien werden – etwa weil sie einem Großaktionär gehören – oft überhaupt nicht gehandelt. Oder sie werden von Vertriebsfirmen wie der Valora Effekten Handel, der Berliner Freiverkehr oder der Innovativ Capital (IC) in München angeboten: „Unsere Erfahrungen sind Ihr Erfolg“, verspricht IC-Geschäftsführer Jens Stallkamp in einem Prospekt. Risikofreudige Anleger dürfen unter anderem zwischen einer „Rendite- Umweltaktie“ oder einer „börsennahen Umweltaktie“ wählen.

Allen Wertpapieren scheint neben ihrer ökologischen Verträglichkeit gemein zu sein, daß sie eine saftige Rendite versprechen – kein Einzelfall in der grauen Finanzszene. So prognostiziert Innovativ Capital für die Kompostiererfirma Kompact AG eine Rendite von 13,6 Prozent, obwohl der erste Spatenstich für die neue Anlage in Malchin erst am 4. Oktober vergangenen Jahres erfolgte. Unklar bleibt daher, warum die Prognose für das „dividendenorientierte“ Wertpapier so bemerkenswert exakt ausfällt. Und auf welchen Zeitraum sie sich bezieht. Auf Nachfrage heißt es, den zu benennen, sei wohl vergessen worden.

Ein großherziger Vertrauensvorschuß scheint also unerläßlich für Spekulanten auf alternativen Vertriebswegen, die partout auf Börse und Bank verzichten wollen. Auch Jürgen Kurz von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz ist skeptisch gegenüber Aktien ohne Börsennotierung: „Sie müssen das Unternehmen, von dem Sie eine Aktie kaufen, dann schon sehr gut kennen.“ Andernfalls sei gar nicht zu entscheiden, ob es sich um einen „Mondpreis“ handele, der nichts mit dem wirklichen Unternehmenswert zu tun habe. Unkenntnis schützt Aktionäre eben nicht vor Kursverlusten und Dividendenausfällen.

Das besonders hohe Risiko für den Käufer erklärt Kurz mit der fehlenden Transparenz. Der kleine Markt für vorbörsliche Aktien läßt die Kurse oftmals abrupt schwanken, stärker als dies bei den Blue Chips von Daimler-Benz oder Siemens üblich ist. Zudem besteht ein „Veräußerungsrisiko“: Da der Markt jeweils sehr klein ist, kann es an Kaufwilligen mangeln, wenn der kühne Investor seine Aktie verscherbeln will.

Ganz Mutigen bleibt noch das Internet. Dort kann beipielsweise für 60 Mark eine der 15.000 Aktien der OSM AG online eingekauft werden. Den dafür notwendigen Marktplatz stellt die Webstock GmbH bereit (webstock.de), die auch für den Aktienhandel der Internet 2000 AG verantwortlich zeichnet. Internet 2000 hatte im Dezember 1997 als erster in Europa seine Aktienemission per Internet verwirklicht. Kauf oder Verkauf starten dann mit einem entsprechenden Eintrag auf der Webstock-Homepage. Als Absender tauchen dort Mike, JP oder Rider auf: „Ich habe da noch ein paar zu 700 DM/Stück“, schreibt Anonymus Mike.

Offenkundig fehlt es an Mittlern und Maklern, die einerseits die Seriosität von Aktiengesellschaft, Käufer und Verkäufer feststellen und anderseits einen hinreichend großen Umsatz verbuchen, um die skurrilen Wertpapiere aus der Sackgasse ihrer Minimärkte herauszuziehen. Aber dafür stehen eigentlich die acht deutschen Börsen schon bereit. Übrigens läßt die Deutsche Börse in Frankfurt seit Oktober nun auch Privatkunden am Computerhandel Xetra teilnehmen, geordert wird jedoch ganz klassisch über eine Bank.

Wer nicht auf vorbörsliche Aktien spekulieren mag, bleibt also notgedrungen Kunde eines Kreditinstituts, auch wenn es sich Discount-Broker oder Direktbank nennt, da sind sich das Deutsche Aktieninstitut oder die Berliner Wertpapierbörse einig. Kauf wie Verkauf schlagen dann ebenso beim Privatanleger zu Buche wie die Verwahrung in einem Wertpapierdepot. Im Regelfall wird für den Kauf eine Mindestgebühr zwischen 30 und 50 Mark oder ein Prozent des Handelsumsatzes vom Kreditinstitut kassiert.

Finanziell potenten Privatkunden bleibt der Gang zu einem Makler (englisch: Broker), der meist schneller und billiger operiert als eine Bank. Die Massenkundschaft kann nur auf Institute setzen, die Aktien per Telefon oder Internet verkaufen. Das halbiert in etwa den Preis gegenüber der Bankfiliale vor Ort.

Egal, ob in der Filiale oder im Internet eingekauft wird, teuer kann es werden, wenn der Neuaktionär sich nicht mit einem Kontoauszug seines Depots zufrieden gibt und auf einer „Einzelverbriefung“ beharrt: Für den Druck einer echten Aktie auf Papier kassieren manche Aktiengesellschaften einen extra Druckkostenbeitrag.

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