: Sprit aus Wasser
■ Erste Wasserstofftankstelle Europas wurde gestern in Hamburg eröffnet
„Können Sie den für mich noch 'mal 'reinstecken bitte?“ Geduldig kommt Torsten Rapp vom Hermes Versand den Wünschen der Fotografen nach, setzt die Zapfpistole an den Tankstutzen seines Lieferwagens, verriegelt sie und öffnet den Gashahn. Torsten Rapp tankt Wasserstoff (H2), den Stoff, der den alten Zeppelinen Auftrieb gegeben hat und sie brandgefährlich machte. Die SB-Tankstelle, die gestern bei Hein Gas am Ausschläger Elbdeich eröffnet wurde, ist die erste ihrer Art in Europa und könnte ein Zeitalter nicht ganz so umweltschädlichen Autoverkehrs einleiten.
Denn was hinten aus Rapps Wagen tropft, ist bloß Wasser (H2O) und ein wenig Stickoxid in der Größenordnung eines Zehntels der Menge, die ein herkömmlicher Motor ausstößt, so Professor Heinz Gretz, Initiator des Projekts und Vorstandsmitglied der Hamburger Wasserstoff-Agentur (Hawa). Zwölf private und städtische Unternehmen haben die Hawa gegründet, um die H2-Tankstelle zu betreiben.
Wird der Wasserstoff zur Zeit noch industriell gewonnen, soll er in Zukunft regenerativ in Island erzeugt werden. Mit dem Strom aus Wasserkraftwerken von der Insel wird Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff gespalten, der Wasserstoff in große Druckflaschen gefüllt und per Schiff nach Hamburg befördert. Die Motoren in Rapps Lieferwagen und von fünf weiteren Firmen verbrennen (oxidieren) das Gas im Hamburger Stadtverkehr wieder zu Wasser – der Kreislauf kann von vorn beginnen.
„Wasserstoff ist ein idealer speicherbarer Energieträger“, erläutert Rolf Günnewig von den Hamburger Gaswerken. Er ermöglicht es, das Potential erneuerbarer Ener-gien besser auszunutzen, etwa indem per Solarstrom in Afrika Wasserstoff erzeugt und nach Europa transportiert wird.
Mit dem Projekt „Wasserstoff-Energie Island Transfer“ (WEIT) kämen die beteiligten Firmen der Selbstverpflichtung der deutschen Industrie nach, ihren Kohlendioxid-Ausstoß zu verringern, sagte Günnewig. Und Michael Otto, der Chef des gleichnamigen Versandhauses ergänzte, durch den Einsatz im ganz normalen Lieferverkehr solle die „Praxisfähigkeit“ der neuen Technik unter Beweis gestellt werden. knö
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