piwik no script img

Gedenken der Morde an Sinti und Roma

■ Reihe zum Tag der Auschwitz-Befreiung setzt Schwerpunkt bei vernachlässigter Opfergruppe

Der Völkermord an den Sinti und Roma steht im Mittelpunkt des diesjährigen Tages der Befreiung von Auschwitz am 27. Januar, der in Bremen seit vier Jahren dem Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus gewidmet ist. Sinti und Roma, von denen 500.000 umgebracht wurden, hatten auch nach der Befreiung viel wenger Lobby und Resonanz als etwa die jüdischen Opfer. So begründet der Bürgerschaftsvizepräsident Herrmann Kuhn (Bündnis 90/Grüne) die Auswahl. Als Vorsitzender der Deutsch-Israelischen Gesellschaft firmiert er wie die Landeszentrale für politischen Bildung als Mitveranstalter der Veranstaltungsreihe zum Tag der Befreiung.

So wird am 27. Januar zur Hauptveranstaltung ab 20 Uhr im Bremer Rathaus Ewald Hanstein vom Landesverband der Sinti und Roma und Silvio Peritore vom Dokumentationszentrum in Heidelberg ebenso sprechen wie der Filmemacher Karl Fruchtmann. Der erzählt in seinem jüngsten Werk den Mord an einem Sinto in den letzten Kriegstagen, die verschleppten Ermittlungen nach der Befreiung un die weitere Verfolgung dieser Gruppe. Eine Woche zuvor, am 21. Januar, spricht Fruchtmann ab 20 Uhr in der Villa Ichon am Goetheplatz über seinen Film. Ebenfalls schon vor dem eigentlichen Auschwitz-Gedenktag liest Otto Rosenberg am 18. Januar in der Zentralbibliothek am Schüsselkorb aus seinem Überlebensbericht „Das Brennglas“, einem der wenigen Zeugnisse aus der Feder eines Sinto.

Zweiter Schwerpunkt der diesjährigen Veranstaltungsreihe ist die Diskussion um den Umgang mit der Nazi-Vergangenheit. So werden die Bremer Bundestagsabgeordneten Marieluise Beck (Grüne), Konrad Kunick, Volker Kröning (beide SPD) und Bernd Neumann (CDU) bei einer Diskussion in der Galerie Rabus (Plantage, ab 20 Uhr) darstellen, wie sie im Bundestag über das Holocaust-Mahnmal in Berlin entscheiden wollen. Auch die Debatte um die Wehrmachtsausstellung schwingt nach. Die Psychologin Ulla Roberts hat angesichts der umstrittenen Ausstellung Menschen nach „Spuren der NS-Zeit im Leben der Kinder und Enkel“ aufgespürt und stellt ihre Studie am 28. Januar um 20 Uhr in der Stadtbibliothek Neustadt vor. Die Frage sei, erklärt Michael Scherer von der Landeszentrale, „wie die Generationen mit der Schuld umgehen“ und wie ein Diskurs darüber organisiert werden kann. Um den Bremer Aspekt nicht zu vergessen, spricht am 9. Februar in der Zentralbibliothek am Schüsselkorb der Historiker Asmus Nitschke über „Gesundheitspolitik in Bremen im Dritten Reich“.

Das Programm der Reihe zum Auschwitz-Gedenktag liegt in Bibliotheken und in der Landeszentrale am Osterdeich 6 aus. fog

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen