: Oskar macht ein bißchen weniger neue Schulden
Finanzminister reduziert die Neuverschuldung um 200 Millionen – auf 56 Milliarden Mark. Union sieht Buchungstricks ■ Von Markus Franz
Bonn (taz) – Der Haushaltsentwurf für 1999, den das Kabinett von Bundeskanzler Gerhard Schröder heute beschließen will, löst weder Begeisterung bei der Regierungsseite noch besonders scharfe Ablehnung bei der Opposition aus. Von einem „guten Haushalt“ spricht Finanzminister Oskar Lafontaine (SPD). Aus Kreisen der CDU-Haushälter heißt es, die CDU halte „nicht so viel“ von dem ersten rot-grünen Budget.
Die SPD bezeichnet den Haushalt 1999 als einen ersten Schritt zur Sanierung der Staatsfinanzen: Die Neuverschuldung werde auf 56,2 Miliarden Mark zurückgeführt. Es handelt sich allerdings nur um einen Rückgang von 200 Millionen Mark. Dadurch werde die Neuverschuldung trotz der finanziellen Erblast der alten Regierung unterhalb der verfassungsrechtlichen Verschuldungsgrenze gehalten.
Der haushaltspolitische Sprecher der CDU, Dietrich Austermann, wirft der Regierung aber vor, diese Grenze nur durch Buchungstricks, nämlich unter anderem die Einbeziehung des Erblastentilgungsfonds in den Bundeshaushalt, eingehalten zu haben. Der Erblastentilgungsfonds weise in diesem Jahr einen Überschuß von 9 Milliarden Mark aus. Durch Einbeziehung dieses Überschusses in den defizitären Bundeshaushalt werde der Kreditspielraum des Bundes erhöht. Lafontaine präsentiere im übrigen mit einer Ausgabensteigerung von 6,8 Prozent den größten Haushalt aller Zeiten.
Tatsache ist, daß die Regierung in diesem Jahr 488 Milliarden Mark und damit 31 Milliarden Mark mehr (6,8 Prozent) ausgibt als im vergangenen Jahr. Lafontaine spricht allerdings von einem „effektiven“ Anstieg der Ausgaben um 1,7 Prozent.
Einen Schwerpunkt setzte Finanzminister Lafontaine bei den neuen Ländern. Statt 91 Milliarden Mark wie 1998 werden nun 100 Milliarden Mark ausgegeben. Die Investitionen für Forschung, Bildung und Wissenschaft werden zunächst um eine Milliarde erhöht. Die CDU moniert, daß es sich in Wirklichkeit nicht um eine Milliarde handele, sondern nur um die Hälfte – schon die alte Regierung habe eine Erhöhung der Bildungsausgaben um 500 Millionen Mark angesetzt. Die Mittel für aktive Arbeitsmarktpolitik werden um sechs Milliarden aufgestockt. Zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit stellt die Regierung zwei Milliarden Mark bereit.
Um die Mehrausgaben zu finanzieren, mußten die Ministerien ihre Ausgaben um durchschnittlich 0,5 Prozent beschränken. Außerdem kann sich die Regierung der Steuermehreinnahmen von 29,5 Milliarden Mark bedienen. 14 Milliarden davon gibt sie zur Senkung der Lohnnebenkosten an die Rentenversicherung weiter. Die Privatisierungserlöse betragen 18,9 Milliarden Mark – 8 Milliarden Mark weniger als im Vorjahr.
Aber noch ist das letzte Wort über den Haushalt nicht gesprochen. Regierung und SPD-Fraktion streiten noch über Einzelheiten bei Ökosteuer und 630-Mark- Jobs, die zusätzliche Finanzierungslöcher aufreißen können. So will die SPD-Fraktion die Pläne zur Abschaffung der Teilwertabschreibung rückgängig machen. Dabei geht es um ein Volumen von 4,3 Milliarden Mark. Finanzminister Lafontaine wehrt jedoch ab. Dazu sei der Betrag zu hoch. Wer den Vorschlag mache, Steuervergünstigungen nicht abzuschaffen, müsse sagen, wie er das Geld anders hereinbekomme.
Ohnehin fehlen noch etwa 700 Millionen Mark, um die Senkung des Rentenbeitrags um 0,8 Prozentpunkte gegenzufinanzieren. 300 Millionen Mark benötigt der Finanzminister, um die erneuerbaren Energien stärker zu fördern.
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