Das Portrait
: Poppige Tochter verläßt Mutterhaus

■ Britta Steilmann

Die Umstände zwingen uns dazu, an dieser Stelle einmal Farbe zu bekennen. Sozusagen von Frau zu Frau. Anlaß dafür ist ein einziger Satz: „Britta Steilmann wird zum 31. März aus der Geschäftsführung der Steilmann-Gruppe ausscheiden.“ So einfach ist das im Managerleben: Irgendwann kommt man, irgendwann geht man. Wenn es nicht Britta Steilmann (32) aus Wattenscheid wäre.

Die Tochter von Klaus Steilmann, dem führenden Bekleidungshersteller Europas, brachte Leben in die miefigen Buden der Damenausstatter. Sie taugte zum Großen. Statt brav an Papis Seite Vertragsverhandlungen mit Karl Lagerfeld zu führen, erklärte sie ihm, warum seine US-Geschäfte schlecht liefen. Karl lauschte, und Britta war danach überzeugt, „daß mich mein Vater wirklich ernst nimmt“. Seither ließ sie nicht mehr locker.

Legte sich Amulette aus Kristallen um den Hals und rüttelte 1994 für ein Jahr den von Vater gesponserten Bundesligaclub SG Wattenscheid 09 durcheinander. Mit „sozial-ökologischem Wirtschaften“ sollte der Fußball genesen, meinte die neue Vereinsvorständlerin. Nicht nur der Sport. Mit Kollektionen aus Naturfasern sorgte Britta Steilmann für Aufsehen. Die Ökomode verlor ihr Kartoffelsack-Image. Allein Blusen zu verkaufen war ihr zu schnöde. Sie brachte uns das Leben der vom Alkohol gebeutelten Lakota-Indianer in South Dakota näher. Beim Bundeswahlkampf '94 trat sie als Beraterin von Rudolf Scharping auf. Seit drei Jahren ist sie bei den Grünen.

Für dieses Sammelsurium von Öko, Fußball, doppeltem Politlottchen und Moralpredigerin wurde sie hoch dekoriert. Deutlich erinnern wir uns an die Auszeichnung „Ökomanagerin des Jahres 1993“ und, 1995, an das Bundesverdienstkreuz. Britta Steilmann erschien als authentische Frau, nicht als zickige Zweitgeborene aus reichem Haus. Als sie vor zwei Jahren in die Geschäftsführung des väterlichen Unternehmens aufstieg, war es so, als habe ein verstaubtes Industrieunternehmen sich grundlegend verändert.

Über all den Aktivitäten hatte Britta Steilmann wohl ganz vergessen, daß ihre Macht nur vom Papa geborgt war. Im Unternehmen, so sagt ihre Pressefrau, „regiert nur der Vater“. Nun schafft sich die Tochter „eine neue Welt“. Wir sind auf ihre Erzählungen aus der neuen Welt gespannt. Annette Rogalla