: Der Salon-Demokrat
■ Informationspolitik eines Kommunikators: Michael Naumann und das Parlament
Staatsminister Michael Naumann heißt ab sofort der große Kommunikator. Kommunikation ist sein Job, und den hat er gelernt. Für die Leistung, das Holocaust- Mahnmal zusammen mit Architekt Peter Eisenman zur Entscheidungsreife verändert und die verfahrene Debatte wieder in Schwung gebracht zu haben, erntete er zunächst Lob und Anerkennung, das Parlment zeigt sich nun aber weniger begeistert – kein Wunder. Wer läßt sich schon gern vor vollendete Tatsachen stellen?
Am Sonntag hatte Naumann, von Reportern bestürmt, noch jede genauere Auskunft über den gefundenen Kompromiß mit dem Hinweis verweigert, der Anstand gebiete es, zuerst das Parlament zu informieren. Abends traf er sich dann mit einer erlesenen Runde von etwa 20 Erwählten in der Wohnung von Michael Blumenthal, dem Leiter des Jüdischen Museums in Berlin. Hier, in salonhafter Halböffentlichkeit, fand die erste Präsentation statt. Während eines Essens debattierte man angeblich bis „weit nach Mitternacht“ die Vorzüge des neuen überarbeiteten Entwurfs. Der Salon und das gepflegte Gespräch – das ist der neue, Naumannsche Stil der Politik. Die Berliner Republik – ein Salon. Wer an dieser elitären Demokratie teilnehmen darf, entscheidet der Gastgeber. Und wer davon profitiert, auch. Am Dienstag zirkulierte jedenfalls ein erstes Bild des neuen Entwurfs über die Agenturen, für das die Zeitschrift Die Woche das Copyright reklamierte – bevor Naumann anstandsgemäß das Parlament informiert hatte. Die Woche, zu der Schröder und die SPD bekanntlich gute persönliche Beziehungen unterhalten, druckt in ihrer heutigen Ausgabe zudem ein langes Gespräch mit Naumann und Eisenman und macht deutlich, daß die größere Öffentlichkeit eine Folge der Salonpräsenz ist.
Sicher: In kleiner Runde sind Kompromisse leichter zu finden, und Entscheidungen wurden schon immer in Ausschüssen vorbereitet. Die aber waren bisher parlamentarisch eingesetzt und kontrolliert und trafen sich nicht in privater Halböffentlichkeit. Jörg Magenau
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