: IOC soll Berlin auf die Sprünge helfen
■ Grüne Abgeordnete überreicht dem IOC nichtveröffentlichten Rechnungshofbericht: 2,6 Millionen für Betreuung von IOC-Mitgliedern
Die Korruptionsaffäre um das Internationale Olympische Komitee (IOC) erreicht nun auch Berlin. Nach Angaben der sportpolitischen Sprecherin der Grünen, Judith Demba, hat Berlin bei seiner erfolglosen Bewerbung um die Olympiade 2000 mindestens 2,6 Millionen Mark für die Betreuung von 56 IOC-Mitgliedern ausgegeben. Das entspreche einer Summe von 40.000 Mark pro IOC-Mitglied. In einem Schreiben an das IOC fordert Demba nun, die Vorwürfe möglichst schnell zu klären. Berlin hatte etwa 50 Millionen Mark in die gescheiterte Olympia- Bewerbung investiert.
Demba beruft sich bei den Zahlen auf einen bisher unveröffentlichten Prüfbericht des Landesrechnungshofes aus dem Jahr 1996. Dem ist unter anderem zu entnehmen, daß allein der Aufenthalt eines ungarischen IOC-Mitgliedes 18.000 Mark gekostet habe. Und IOC-Präsident Juan Samaranch habe der Olympia GmbH einen Flug von Stuttgart nach Berlin mit 6.294 Mark in Rechnung gestellt. Der Landesrechnungshof wollte gestern die Zahlen allerdings nicht kommentieren, da der Bericht nur den geprüften Stellen und dem Hauptausschuß des Abgeordnetenhauses überreicht worden sei.
Senatssprecher Michael-Andreas Butz wies die Vorwürfe gestern erneut zurück. Die Bewerbung sei umfangreich unter anderem auch vom Abgeordnetenhaus geprüft worden, betonte Butz.
Trotz Reißwolfaffäre hatte die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren wegen Verschwendung von Steuergeldern Anfang 1999 endgültig eingestellt.
Die Anti-Olympia-Aktivistin Demba setzt nun ihre Hoffnung auf Auklärung ausgerechnet auf das IOC. Da das IOC nach dem Korruptionsskandal bei der Vergabe der Winterspiele 2002 in Salt Lake City (USA) nun selbst Interesse bekundet habe, die Umstände aller vergangenen Bewerbungen aufzuklären, schrieb Demba dem IOC, „möchte die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Ihnen gerne hilfreich beiseite stehen“. Beiliegend übersandte sie dem IOC im schweizerischen Lausanne die Berichte des parlamentarischen Untersuchungsausschusses zur Olympiabewerbung inclusive der vom offiziellen Ergebnis abweichenden Darstellungen der Opposition und den 1996 erstellten Prüfungsbericht des Landesrechnungshofes.
Schon im Januar 1993 hatte Olympia-Kritikerin Demba ein folgenreiches Schreiben an das IOC gerichtet. Weil dem Brief ein Video der Anti-Olympia-Bewegung beigelegen haben soll, in dem unter anderem eine drohende, vermummte Person zu sehen ist, wurde Demba wegen versuchter Nötigung angeklagt. Vier Jahre später wurde sie jedoch freigesprochen. Auch wenn sie nun um Zusammenarbeit mit dem IOC wirbt, will Demba ihrer Kritik an den Olympioniken nicht abschwören. „Wir denken nach wie vor, daß nur die Auflösung des Gremiums einen dauerhaften Schutz vor Korruptionsskandalen bieten kann“, schrieb die Sportpolitikerin dem IOC. Gereon Asmuth
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