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Koalition will Büropark Oberneuland unbedingt

■ Nach parteiinterner SPD-Kritik demonstriert Koalition jetzt traute Einigkeit / Landschaftsschutz soll aufgehoben werden / Baubeginn samt Spatenstich noch vor den Wahlen

Die Koalition zurrt jetzt den Büropark Oberneuland fest: Parteiinterne SPD-Kritiker und Abtrünnige im SPD-regierten Umweltressort werden derzeit offensichtlich auf Koalitionslinie gebracht. Eine Sondergruppe aus drei Staatsräten soll das Umweltressort in die Zange nehmen, um den noch geltenden Landschaftsschutz so schnell wie möglich abschaffen zu können. Dann würde noch im Juni der erste Spatenstich erfolgen, kündigte Sibylle Winther, wirtschaftspolitische Sprecherin der CDU, gestern im Landtag an. Das Ziel dabei: Noch bevor die Bürgerschaftswahlen eventuell eine andere Koalition ins Bremer Rathaus bringen könnten, sollen Tatsachen geschaffen werden.

Diesen Zeitplan vertrat auch die SPD-Fraktion gestern öffentlich. Die AfB-Fraktion hatte eine Aktuelle Debatte zum Büropark beantragt und die SPD scharf angegriffen. Die SPD torpediere „aus wahltaktischen Gründen“ den Büropark in Oberneuland, schimpfte AfB-Fraktionschef Andreas Lojewski. Wegen heftiger Proteste aus der Oberneuländer Bevölkerung hätten viele in Vorwahlkampfzeiten offenbar kalte Füße bekommen. Noch immer werde die Aufhebung des Landschaftsschutzes blockiert – für Lojewski ein „unverantwortlicher“ Zustand gegenüber allen, „die in Bremen investieren und Arbeitsplätze schaffen wollen“.

Tatsächlich gärt in Bremen schon länger partei- und verwaltungsintern die Kritik. Vor einem Jahr bliesen auch Oberneuländer Bürger zum Protest und gründeten den Verein „Meta Rödiger“. Man solle dort lieber Wohnungen bauen statt möglicherweise unbenötigte Büros, meinte sogar der SPD-Unterbezirksvorsitzende Wolfgang Grotheer.

Nach Plänen des Wirtschaftsressorts sollen dort auf 240.000 Quadratmetern Landschaftsschutzgebiet nahe der Rockwinkeler Landstraße Bürovillen mit insgesamt 3.500 neuen Arbeitsplätzen entstehen. Die Wirtschaftsförderausschüsse bewilligten 15 Millionen Mark, die Baudeputation segnete den Büropark ab, der Aufkauf des Geländes wurde eingeleitet. „Wir müssen nur noch ein paar Fragen beantwortet wissen“, sagte gestern der SPD-Wirtschaftspolitiker Detmar Leo zum angekündigten neuen Zeitplan. Bis zur nächsten Sitzung der Umweltdeputation im März werde man jetzt „sehr zügig“ Klarheit schaffen. Das sei ein ganz normales Verfahren.

„Wir sind uns in der Koalition einig, daß der Büropark eine Chance für neue Dienstleister bietet“ und „alle Verfahrensschritte auch umgesetzt werden“, sagte deshalb abschließend CDU-Frau Sibylle Winther – auch wenn alle „Verständnis dafür haben, daß die Anwohner sich nicht von ihren Wiesen trennen wollen“. Doch Bremen verfüge in der Innenstadt eben über keine „hochwertigen Büroflächen“, da müsse man in Oberneuland neue schaffen.

Vornehm überging die CDU-Wirtschaftspolitikerin so die SPD-interne Debatte und richtete ihre Kritik gegen die „Verweigerungspolitik“ der Grünen. Die hätten zur Zeit der Ampelkoalition den Plänen für den Büropark doch noch zugestimmt.

Das bestritt der grüne Baupolitiker Klaus Möhle auch nicht. Aber dies geschah nur als Zugeständnis im Rahmen der damaligen Koalition , um im Gegenzug die Hemelinger Marsch zu retten. Das Oberneuländer Gebiet mit seinen Äckern und Baumreihen müsse geschützt bleiben, meinen die Grünen heute. Es gebe genug citynah gelegene Büroflächen, zum Beispiel in den alten Hafenrevieren rechts der Weser. Katja Ubben

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