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„Schluß mit der Enthaltsamkeit“

Warnstreiks in der Hamburger Metallindustrie. Arbeitgeberangebot von zwei Prozent erregt die Gemüter. IG Metall fordert 6,5 Prozent  ■ Von Kai von Appen

Der Arbeitskampf in der norddeutschen Metallindustrie hat begonnen. Mit Beginn der Frühschicht traten gestern morgen – nur sechs Stunden nach Ende der Friedenspflicht – 600 MitarbeiterInnen der Hauni-Werke in Bergedorf drei Stunden lang in den Warnstreik. Zeitgleich begann auch bei Airbus Industries in Stade ein dreistündiger Ausstand. Bis zum Abend rollte dann eine Warnstreikwelle durch Hamburger Metallbetriebe, an der sich mehr als 11.500 MetallerInnen beteiligten – eine Zahl, die selbst die Erwartungen der IG Metall übertraf.

Der Hamburger Streikauftakt bei Hauni verlief nach Maß. Gegen sechs Uhr nahmen die MitarbeiterInnen gar nicht erst die Arbeit auf, sondern verharrten trotz klirrender Kälte vor dem Haupttor. Nur heiße Disco-Klänge aus den Lautsprechern, Brötchen, Kaffee und hitzige Diskussionen sorgten für ein wenig Wärme. Aber nicht nur die Kälte, sondern auch die Unternehmerhaltung in der Tarifrunde sorgt bei Hauni derzeit für ein rauhes Klima.

Dabei erregt nicht nur das magere Angebot von zwei Prozent mehr Gehalt die Gemüter – immerhin fordert die IG Metall 6,5 Prozent mehr Lohn. Auch die Forderung der Arbeitgeber, das Weihnachtsgeld in eine „ertragsabhängige Komponente“ umzuwandeln, erzürnt die Hauni-Belegschaft. Denn danach sollen nur noch Beschäftigte die Gratifikation erhalten, deren Betriebe schwarze Zahlen schreiben.

Bei Hauni hat man mit derartigen „Komponenten“ bereits bittere Erfahrungen gemacht. „Wir hatten voriges Jahr das beste Geschäftsjahr mit den höchsten Gewinnen“, schimpft ein Hauni-Arbeiter, „die Gewinne wurden dann einfach auf null runtergerechnet, und wir kriegten nicht mal unsere übliche Erfolgsprämie.“ Ein Vertrauensmann der IG Metall ermahnte die Versammelten daher, sich auf einen langen Arbeitskampf vorzubereiten. Nach 16 Jahren Kohlregierung sei jetzt „Schluß mit der Enthaltsamkeit“.

In den Mittagsstunden kam es gestern auch auf den Werften von Blohm + Voss, Sietas und bei Daimler Benz, Still und der Norderwerft zu Warnstreiks, an denen sich knapp 4000 Beschäftigte beteiligten. 5000 MetallerInnen im Dasa-Werk Finkenwerder, bei Siemens und bei Jungheinrich gingen einfach früher nach Hause.

Der Leiter der IG Metall Bezirk Küste, Frank Teichmüller, warnte indes die Unternehmer vor einem Festhalten an ihrer starren Haltung. Die würde unweigerlich einen harten Arbeitskampf provozieren. „Wir haben eine einfache Forderung gestellt und erwarten eine einfache Antwort.“ Diese Antwort möchte die IG Metall Küste bereits am Montag erhalten, wenn die Tarifgespräche für den Norden fortgesetzt werden.

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