: Pay-Studium für betuchte Elite
Für Europa und die Globalisierung: In Hamburg sollen kostenpflichtige Studiengänge zu Lasten der Normalstudenten entstehen ■ Von Jakob Michelsen
An Hamburgs Hochschulen häufen sich die Planungen für privat finanzierte Studienangebote. Wer zum Beispiel Jura studiert hat und eine internationale Karriere anstrebt, soll sich bald am Institut für Ausländisches und Internationales Finanz- und Steuerwesen zum „Master of International Taxation“ fortbilden können. Gleichzeitig planen die Fachbereiche Wirtschaftswissenschaften, Jura und das Politologische Institut einen Aufbaustudiengang „Europawissenschaften“ – alles für eine kleine, zahlungskräftige Klientel.
Mit dem entstehenden „Northern Institute of Technology“ an der TU Harburg, dem „International Center for Graduate Studies“ an der Uni und der „Law School“ der Zeit-Stiftung hätte Hamburg dann fünf kostenpflichtige Studiengänge.
Gefördert werden die „Europawissenschaften“ vom Stifterverband für die deutsche Wissenschaft und vom Auswärtigen Amt, die neben Hamburg auch Saarbrücken, Bonn und die Humboldt-Uni Berlin als Standort auswählten. Den Rest zahlen die rund 30 StudentInnen, erklärt Volkswirtschafts-Professor Wolfgang Maennig: „Die anderen Unis nehmen auch Gebühren. Niedrige Beiträge in Hamburg würden mindere Qualität suggerieren.“ Die graduierten VolkswirtschaftlerInnen, JuristInnen und PolitologInnen sollen sich für internationale Organisationen oder den di-plomatischen Dienst qualifizieren.
Während die Europawissenschaften nur noch die Zustimmung der PolitologInnen, des Akademischen Senates und der Wissenschaftsbehörde brauchen, wartet der „Master of International Taxa-tion“ noch auf die Zustimmung der teilnehmenden Fachbereiche Wirtschaftswissenschaften und Jura – die aber bereits im April erfolgen soll. „Vor dem Hintergrund zunehmender internationaler Wirtschaftstätigkeit besteht ein dringender Bedarf an einem solchen Angebot“, begründet Professor Lutz Fischer vom Institut für Ausländisches und Internationales Finanz- und Steuerwesen sein Projekt. Zielgruppe des globalisierenden Studiums sind bereits berufstätige RechtsanwältInnen, SteuerberaterInnen und WirtschaftsprüferInnen.
Mit ihren monatlich 2000 Mark Studiengebühren und den Geldern von Sponsoren sollen GastprofessorInnen, Material- und Verwaltungskosten bezahlt werden. Die Uni stellt – wie auch für die Europawissenschaften – Räumlichkeiten und Bibliotheken kostenlos zur Verfügung und zweigt Lehrkapazitäten aus der „öffentlichen“ Uni ab. Eine C 2-Professur soll, wenn es nach Fischers Konzept geht, gleich ganz für den Elite-Studiengang umgewidmet werden.
„In derartigen Studiengängen werten Professoren ihre Reputation auf, während sie dem ,Normalstudi' immer weniger zur Verfügung stehen“, kritisiert Sonja Lattwesen, die die Grüne Hochschulgruppe im Akademischen Senat vertritt. Kris Glaser von der Liste Links sieht in den Pay-Studiengängen „einen weiteren Schritt in Richtung Privatisierung von Bildung und marktgängiger Ausrichtung der Studieninhalte“.
Bei der grünen Wissenschaftssenatorin Krista Sager dagegen stoßen privat finanzierte Studiengänge nicht grundsätzlich auf Ablehnung, so deren Pressesprecherin Frauke Hamann. Lediglich „die Solidität werden wir prüfen“.
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