piwik no script img

Frauen im Knast

Erst im vierzehnten Jahrhundert setzte sich der Freiheitsentzug als Strafmittel durch. Hinter dieser Ergänzung des Repertoires, das sich bis dahin auf Prügel, Verstümmelung und Tötung beschränkte, stand eine noch heute lebendige Idee: Besserung, Abschreckung und zeitlich begrenzter Schutz vor den Delinquenten.

Seither kam es zu einigen Reformen, in der Regel ausgelöst durch ein Ansteigen der Kriminalität. Erfolge der Verschärfungen und Lockerungen sind ebensowenig nachweisbar wie ein Nutzen der Freiheitsstrafen an sich.

Derzeit werden in der Bundesrepublik mehr als fünfzigtausend Menschen „gebessert“, die Zahl ist zwischen 1992 und 1997 um fast ein Drittel gestiegen. Die vorgeschriebene Sträflingskleidung tragen überproportional viele Menschen unter dreißig (43 Prozent) und Ausländer (24 Prozent). Die meisten kommen wegen Diebstahl oder Unterschlagung in den Knast (26,4 Prozent), es folgen Raub oder Erpressung (14,8) und Rauschgiftdelikte (12,5).

Frauen werden seltener straffällig als Männer. 1994 waren nur 21,6 Prozent der Tatverdächtigen Frauen. Bei Verkehrsdelikten ist ihr Beitrag besonders gering; stärker vertreten sind sie bei Ladendiebstahl, Beleidigung, Brandstiftung und Drogen-

vergehen.

Vier Prozent der Gefängnisinsassen sind Frauen. Drei Viertel von ihnen sitzen wegen Eigentumsdelikten oder kleineren Vergehen, für die die Geldstrafe nicht aufgebracht werden

konnte.

Im Gesetz ist der getrennte Vollzug vorgesehen, wobei Frauen „aus besonderen Gründen“ auch in Männerknästen einquartiert werden können. Da es nur in vier Städten Frauengefängnisse gibt, werden Frauen oft heimatfern weggeschlossen. Das erschwert es Angehörigen, die Besuchszeit von einer Stunde im Monat wahrzunehmen.

Der Drogenhandel ist das größte Problem der Justizvollzugsanstalten. Zwischen fünfzehn und fünfzig Prozent der Gefangenen sind drogenabhängig. Eine Befragung in der JVA Bruchsal ergab 1996, daß sechzig Prozent der Insassen Drogen nehmen, fünfzehn Prozent davon harte Drogen wie Heroin.

Woher die Gefangenen das Geld für die Drogen nehmen, ist unklar. Klar ist zumindest eines: Mit dem Lohn für die Zwangsarbeit im Knast lassen sich Drogen nicht bezahlen. Im Schnitt erhält ein Gefangener 1,30 Mark für eine Stunde Fronarbeit. Und Berufliche Gleichstellung existiert auch hinter Gittern nicht. In Frauenknästen werden ausschließlich sogenannte typische Frauenjobs angeboten; in Haftanstalten für Männer haben Frauen kaum Arbeitsmöglichkeiten.

Dennis Stute

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen