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„Peinlich für das schwedische Volk“

■ Wegen dubioser Last-Minute-Verträge mit sechs afrikanischen Ländern im Zuge der Stockholmer Olympiabewerbung ermittelt jetzt auch Schwedens Staatsanwaltschaft

Stockholm (taz) – „Wir in Schweden machen so was nicht, hier ging alles ehrlich zu.“ Olof Stenhammar, Ex-Vorsitzender des Olympiakomitees von Stockholm, das sich vergeblich um die Sommerspiele 2004 beworben hatte, hätte vielleicht etwas zurückhaltender mit der Selbstbeweihräucherung sein sollen. Stockholm stellte sich zwar offensichtlich nicht ganz so plump an wie andere Olympiabewerber, aber in letzter Minute zu versuchen, noch ein paar Stimmen einzufangen, konnte man sich auch nicht verkneifen. So wurden einen Tag vor der Abstimmung in Lausanne am 5. September 1997, aus der Athen siegreich hervorging, schnell noch sechs Verträge mit afrikanischen Staaten geschlossen, welche offiziell unter dem Stichwort „sportlicher Austausch“ liefen.

Inhalt dieser Verträge war die Finanzierung von Trainingsaufenthalten für SportlerInnen aus Kenia, Swaziland, Togo, Uganda, Zimbabwe und der Elfenbeinküste in einem schwedischen Sportzentrum. Formal schloß das Nationale Olympische Komitee Schwedens (SOK) die Verträge ab, doch in Wirklichkeit stand das Olympiakomitee der Stadt Stockholm – eine zu diesem Zweck gegründete Aktiengesellschaft – hinter dem Deal. Es besorgte das Geld für die Finanzierung – umgerechnet ca. 350.000 Mark – bei einem der Hauptsponsoren und rechnete dummerweise – in Schweden ist man bürokratisch – den fraglichen Betrag ordentlich ab. Als „Erstattung an das SOK für Maßnahmen zum Sportaustausch entsprechend dem Übereinkommen“.

Hinweise, daß es auch bei der Olympiakandidatur Stockholms möglicherweise nicht ganz sauber zugegangen war, tauchten auf, seit bekannt wurde, daß sich Kampagnenchef Stenhammar ein halbes Jahr vor der IOC-Abstimmung mit dem ägyptischen Geschäftsmann Mahmoud el-Farnawani getroffen hatte, welcher als „Agent“ u.a. für Salt Lake City aktiv war. El-Farnawani wurde vor einigen Tagen im Wall Street Journal mit der Bemerkung zitiert, wenn er rede, könne es „peinlich für das schwedische Volk“ werden. Die Verträge mit den Afrikanern versucht das SOK als „durchaus üblich im Rahmen der Sporthilfe“ darzustellen, doch eine Recherche der Tageszeitung Dagens Nyheter ergab, daß es mit einer Ausnahme – der Finanzierung eines Aufenthalts für einen Badmintontrainer 1994 – weder vor noch nach dem Olympia-Deal eine andere vom SOK finanzierte kostenlose „Trainingshilfe“ für ein fremdes Land gab.

Das Argument, der Vertrag sei zwischen zwei NOKs geschlossen worden, zieht weder in den Medien, die volle Aufklärung fordern, noch bei der Staatsanwaltschaft, die am Montag die Eröffnung eines Ermittlungsverfahrens wegen Verdachts einer Straftat, insbesondere Bestechung, beschlossen hat. Staatsanwalt Christer van det Kwast: „Jeder seriöse Mensch sieht wohl ein, daß das untersucht werden muß.“ Keine Frage, wozu die anderthalb Millionen Kronen dienen sollten, war es für den Sponsor, die Finanzgruppe Investor. Laut deren Informationschef Nils-Ingvar Lundin ging man selbstverständlich davon aus, daß die erbetene Summe angewendet werden sollte, die Chancen Stockholms für die Spiele 2004 zu erhöhen: das sei ja der Inhalt des Sponsorvertrags gewesen. Sich für irgendwelche andere sportliche Zwecke zu engagieren habe man keine Veranlassung gehabt. Reinhard Wolff

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