Pop ist kein Plattenspieler

Bei Grand Slam von Showcase Beat Le Mot wird das Theater für drei Sätze zum kommunikativen Durchgangsort  ■ Von Claude Jansen

Strahlend blauer Himmel, reinlich weiße Textilien, rote Erde. Angespannte Stille, unterbrochen vom monotonen Gleichklang: Plop, Plop, Plop. Gelegentlich haucht eine schmeichelnde Stimme durchs Mikrofon: „Fifteen: Thirty“. Ja, das ist Tennis! Urprünglich die Sportart genußfreudiger Mönche, dann Freizeitspaß gelangweilter Bohemiens, bis die Neureichen sich das Feld eroberten und MCM-Beutel das unschuldige Weiß durchbrachen. Und weil Tennis zu den beliebten Volkssportarten gehört, haben Showcase Beat Le Mot für Grand Slam nun den Tenniscourt zum theatralen Spielfeld gemacht.

Als die Theatergruppe vor einem Jahr ihr Debüt-Stück Radar Radar nichts ist egal auf Kampnagel präsentierte, überzeugten die sechs Performer ihr Publikum davon, daß Fußball mehr als ein albernes Männervergnügen ist. Volkssport wird zur Metapher für ein organisiertes Freizeitverhalten. Ein Thema, das die Mitbegründer der „Neuen Gießener Schule“ als wichtigen Bestandteil ihrer programmatischen Arbeitsweise ansehen. „Freizeit ist schließlich kein Begriff im luftleeren Raum“, so Ensemblemitglied Nikola Duric, „sondern steht dem, was mit Arbeit bezeichnet wird, dialektisch gegenüber“.

Deshalb reflektieren Showcase Beat Le Mot nicht nur den eigenen Arbeitsprozeß, bei dem bewußt kollektiv geprobt und konzipiert wird, sondern auch wie die Abwesenheit von Arbeit aussehen könnte. Können Arbeitslose Geld fürs Zeitungslesen bekommen? Kann das Theater zu einem modernen Ort sozialer Begegnungen werden?

Grand Slam ist ein Spiel auf drei Sätze, bei dem die Performer nicht aus dem privaten Nähkästchen plaudern, sondern einen theatralen Diskurs anbieten. Zu oft wurden die Gießener Performer dafür gelobt, daß sie tolles Poptheater machen und einen subtilen ironischen Humor haben. „Das ist ein einziges, großes Mißverständnis,“ stellt Nikola Duric klar. „Eigenartigerweise scheint heutzutage niemand mehr zu glauben, daß man Dinge wirklich erst meint.“

Pop und Ironie sind inflationäre Begriffe geworden und Showcase Beat Le Mot haben gelernt, daß sich postmoderne Errungenschaften nicht über einen Umgang mit sinnentleerten Zeichen äußern. Wenn bei Grand Slam aus dem zur Verfügung stehenden Material zitiert wird, soll kar gemacht werden, daß Pop nicht gleich Pop ist und ein Plattenspieler auf der Bühne noch lange keinen Club behauptet. Vielmehr etablieren die sechs Männer Theater als kommunikativen Durchgangsort, der mehr ist als ein organisiertes Freizeitvergnügen. „Bei uns werden die Zuschauer wie Gäste behandelt, die trinken, essen, knutschen oder mit ihrem Nachbarn reden sollen.“

Premiere Mi, 17. Februar, 20 Uhr, Kampnagel, k6