Appelle zum Frieden

■ Krieg zwischen Äthiopien und Eritrea geht weiter. Äthiopiens Premier unter Druck

Nairobi (taz) – Der diplomatische Druck auf Eritrea und Äthiopien zu einer Beendigung ihres Krieges wächst. US-Präsident Bill Clinton forderte Dienstag nacht, die Kampfhandlungen an der gemeinsamen Grenze einzustellen. Der UN-Sicherheitsrat drohte mit einem Waffenembargo gegen beide Länder, sollten die Gefechte weitergehen. Es ist allerdings davon auszugehen, daß Äthiopien, nachdem alle diplomatischen Initiativen seit Ausbruch der ersten Kampfhandlungen im vergangenen Mai gescheitert sind, versuchen wird, einen entscheidenden militärischen Sieg zu erringen. Alle Friedenspläne fußten bisher auf der ursprünglich von Ruanda und den USA erarbeiteten Vorlage, daß Eritrea sich aus dem zuvor von Äthiopien verwalteten Badme- Dreieck zurückzieht, bevor eine Verhandlungslösung für die Grenzstreitigkeiten gefunden werden kann.

Nach Angaben eines westlichen Diplomates in Addis Abeba dürften die äthiopischen Kriegsziele darin bestehen, Eritreas militärische Stärke entscheidend zu begrenzen. Außerdem wird darüber spekuliert, daß Äthiopien gerne den südlichen eritreischen Hafen Assab mit seiner großen Raffinerieanlage annektieren würde. Assab liegt im Gebiet des Afar- Volkes, das kaum Solidarität mit dem eritreischen Staat empfindet. Die äthiopische Führung bestreitet allerdings jegliche territorialen Ansprüche an das nördliche Nachbarland, und nahe der Küste wurde bisher auch noch nicht gekämpft.

Es dürfte schwer sein, die Kämpfe zu stoppen, weil die Führer beider Kriegsparteien ihr Schicksal eng mit dem Konflikt verknüpft haben und so auch um ihr eigenes Überleben kämpfen. Äthiopiens Regierungschef Meles Zenawi hat in dem Konflikt das Profil eines moderaten Staatsmannes gewonnen, der sich in der ehemaligen tigreischen Rebellenbewegung TPLF, heute entscheidender Bestandteil der Regierungspartei EPRDF, gegen einen Waffengang gegen Eritrea einsetzte. In Addis Abeba wird berichtet, daß Zenawi deshalb gar nicht mehr in den sechsköpfigen äthiopischen Ministerrat eingeladen wurde. Über dieses Gremium, das keinen offiziellen Namen hat, ist in der Öffentlichkeit wenig bekannt. Wie in vielen Staaten, wo aus der Führung einer Rebellenbewegung eine Regierung wurde, liegt das Machtzentrum in Äthiopien nicht an der Spitze der staatlichen Strukturen, sondern in diesem Gremium aus Kriegsveteranen. Peter Böhm