: Clinton vor einem Freispruch
■ Auch einige Senatoren der Republikaner wollen bei Abstimmung gegen die Amtsenthebung des Präsidenten votieren. Sonderermittler Starr bastelt bereits am nächsten Akt gegen Clinton
Washington (dpa/rtr/AFP) – Der amerikanische Präsident Bill Clinton wird weiter im Amt bleiben. In der Lewinsky-Affäre zeichnete sich gestern ein Freispruch für Clinton durch den amerikanischen Senat ab. Kurz vor der entscheidenden Abstimmung war fraglich, ob sich überhaupt eine Mehrheit für seine Amtsenthebung finden würde. Für seine Absetzung wäre eine qualifizierte Zweidrittelmehrheit von 67 der 100 Senatoren erforderlich.
Fünf der 55 republikanischen Senatoren haben angekündigt oder angedeutet, gegen eine Absetzung Clintons zu votieren. Damit ist sogar offen, ob in den beiden Anklagepunkten Meineid und Behinderung der Justiz die absolute Mehrheit von 51 Stimmen zusammenkommt. Dies käme einer schweren politischen Schlappe der Republikaner gleich. Sie hatten mit ihrer Mehrheit im Repräsentantenhaus gegen Clinton ein Impeachment-Verfahren eingeleitet.
Jedoch wollten Republikaner und Demokraten Clinton angesichts des vorhersehbaren Freispruchs nicht ungeschoren davonkommen lassen. Senatoren beider Parteien forderten ihn auf, sich für sein Verhalten zu entschuldigen. Dazu sagte der demokratische Senator Carl Levin, Clinton müsse sein Fehlverhalten bei den Ermittlungen offen eingestehen. Der Republikaner Gordon Smith sagte, Clinton müsse den Rest seiner Amtszeit nutzen und den Schaden wiedergutmachen, den er seiner Familie, den demokratischen Institutionen und dem Land zugefügt habe. Wie Clinton reagieren will, war Stunden vor der Abstimmung noch offen.
Zuvor hatte sich bereits die Ehefrau von Sonderermittler Kenneth Starr zu Wort gemeldet. Ihr Mann sei kein „Sexpolizist“, stellte Alice Starr im BBC-Rundfunk klar. Er sei der freundlichste, ehrenhafteste und netteste Mann, den sie jemals getroffen habe. Alice Starr sagte, sie hoffe, daß die Moral in Amerika als Lehre aus der Lewinsky-Affäre wieder steige. Auch für Bill Clinton hatte sie einen ganz persönlichen Rat parat: „Wäre Monica meine Tochter, so wäre ich jetzt wirklich böse.“
Unterdessen macht ihr Mann keine Anstalten, von seinem Plan abzurücken, Clinton zur Verantwortung zu ziehen. Seit September hat der Sonderermittler zahlreiche Spuren weiterverfolgt. Der Präsident muß spätestens nach Ende seiner Amtszeit im Januar 2001 mit einem Strafverfahren wegen Meineides und Justizbehinderung rechnen – vielleicht auch schon früher, wenn Starr vor dem Verfassungsgericht seinen Willen bekommt.
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