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Die mit dem Kuhhorn düngen

■ Der biodynamische Demeter-Verband feiert heute seinen 75. Geburtstag auf der Bio Fach

Demeter ist die griechische Göttin der Fruchtbarkeit der Erde. Demeter ist aber auch der Dachverband für biologisch-dynamische Produzenten. Auf der „Bio Fach“ in Nürnberg feiert er heute seinen 75. Geburtstag. 1.500 Bauern, Gärtner, Winzer, Molkereien, Käser in der Bundesrepublik fühlen sich den irdischen und kosmischen Gesetzen der biodynamischen Lehre verpflichtet. Auf 47.000 Hektar bewirtschaften Demeter-Höfe 13 Prozent der ökologischen Produktionsfläche. Weltweit arbeiten 3.700 Betriebe in 47 Ländern nach Demeter-Richtlinien. Tendenz: steigend.

Die sanften Ökologen unter dem Zeichen der Blume profitierten kräftig vom Biotrend. „Seit Anfang der 90er Jahre boomt es so richtig“, sagt Verbandssprecherin Ursula Schmees. Umfragen zeigen, daß Demeter nicht nur der älteste, sondern auch der bekannteste Bioerzeuger ist. Die Beliebtheit wurde erreicht, obwohl man sich beharrlich weigert, die Produkte im Supermarkt anzubieten.

Naturkosthandel und Reformhäuser sind die Säulen der Vermarktung. Der Verband hat sich neu organisiert, das Marketing gestärkt und eine Presseabteilung eingerichtet. Ein Imagelifting soll aufräumen mit den Vorstellungen von grünen Spinnern in naturgefärbten Wollpullis.

Das Image wird modernisiert, die Esoterik bleibt. Was für viele wie Voodoo-Zauber anmutet, gehört fest zur Demeter-Identität wie der giftfreie Acker. Da werden an sonnigen Tagen Scharfgarbenblüten gesammelt und in der Blase des männlichen Rotwildes aufgehängt. Kuhhörner werden mit mehlfein zermahlenem Quarzkristall gefüllt. Aus der Bauchhaut des Rindes und halb geöffneten Löwenzahnblüten schnürt man Pakete und vergräbt sie. Und natürlich wird der „prägende Einfluß“ von Mond, Merkur, Venus, Saturn, Jupiter und Mars berücksichtigt – immer getreu der Lehre Rudolf Steiners und seiner Nachfolger.

Zu Pfingsten 1924 hatte Steiner im schlesischen Koberwitz acht Vorträge über „Geisteswissenschaftliche Grundlagen zum Gedeihen der Landwirtschaft“ gehalten und den „Versuchsring anthroposophischer Landwirte“ gegründet – Demeters Geburtsstunde.

Auch wer das spirituell-ideologische Umfeld ablehnt, muß die Erfolge von Demeter anerkennen. Unter den mehr als 3.000 Handelsprodukten gibt es hervorragende authentische Nahrungsmittel. Die Weine von Starwinzer Nicolas Joly von der Loire etwa zählen zu den besten und bekanntesten der Welt. Demeter-Eis „Racchelli“ wurde vom „Feinschmecker“ zum Produkt des Monats gewählt. „Viele gute Sachen“, urteilt Lothar Tubbesing, Vorstandsmitglied der Slow Food-Genießer. Demeter habe vor allem dort Stärken, wo sie regional wirtschaften und vermarkten. Leider werde die Lust am Essen und der gute Geschmack zuwenig herausgestellt, es rieche immer noch nach Korksandale.

Demeter selbst wünscht sich zum Geburtstag dasselbe wie alle Unternehmen: Wachstum! Und bessere Marktbedingungen für die Höfe, die mit sinkenden Preisen vor allem beim Getreide kämpfen. Schmees: „Manche haben massive Probleme, wir wundern uns, wie die überleben“. Manfred Kriener

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