Gibt es ein Euro-Kartell?

■ Fahndung bei Deutscher und Dresdner Bank. Acht Milliarden Mark Jahresgewinn

Hamburg (taz/rtr) – Große europäische Banken bilden ein Kartell – jedenfalls vermutet dies die Europäische Kommission in Brüssel. Mehrere Großbanken sollen ihre Gebühren für den Geldumtausch miteinander abgesprochen haben, wird vermutet. Verdächtigt werden auch Deutsche und Dresdner Bank sowie Banken in Frankreich, Italien und Spanien. Solch eine Preisabstimmung stände im Widerspruch zum geltenden Wettbewerbsrecht. Sollten sich die Brüsseler Vorhaltungen bestätigen lassen, drohen den Banken erhebliche Geldbußen und ein drastischer Imageverlust.

Schon am Dienstag hatten Mitarbeiter der zuständigen Generaldirektion IV die Zentralen von acht Instituten sowie die Räume des Bankenverbandes in Brüssel durchsucht, teilte EU-Kommissar Karel van Miert in einer Anhörung des Europarlaments mit. „Das ist eine sehr klare Warnung an die Banken!“ drohte van Miert.

Tatsächlich zeigt eine Marktübersicht für die Bundesrepublik erstaunlich einheitliche Preise für den Devisenumtausch: Berliner, Deutsche und Dresdner Bank verlangen ebenso 3 Prozent Gebühr wie die Kölner Bank oder die Hypo-Vereinsbank. Allerdings liegt dieser teure Einheitspreis keineswegs an der Branchenspitze. Da werden schon mal für kleinere Tauschbeträge bis zu 30 Mark oder gar 4,5 Prozent des Wertes bei größeren Summen kassiert. Für umsonst tauschen europäische Währungen allerdings die Bundesbank und alle Landeszentralbanken.

Ursprünglich war erwartet worden, daß der Euro nach seinem Startschuß am 1. Januar zu branchenweiten Preissenkungen beim Umtausch führen würde, da durch die festen Wechselkurse zwischen den elf Euro-Währungen das Kursrisiko für die Geldgiganten entfällt und auch Franc, D-Mark oder Gulden nicht mehr fortlaufend umgerechnet werden müssen. Offensichtlich wurde dieser Kostenvorteil bislang nicht an die Kunden weitergegeben.

Sowohl Dresdner als auch Deutsche Bank dementieren die Vorwürfe. Ein Deutsche-Bank- Sprecher verwies auf einen Umtauschsatz „im unteren Bereich“ des Marktes. Die drei Prozent, welche sein Institut verlange, seien zudem „ein vernünftiger Preis“.

Trotz der Verdächtigungen aus Brüssel hatte die Deutsche Bank gestern doch noch einen Grund zur Freude. Die vorläufigen Bilanzzahlen weisen für das Geschäftsjahr 1998 einen neuen Rekordgewinn aus: Der Gewinn vor Steuern sprang auf 7,9 Milliarden DM hoch (1997: 2,0 Mrd. DM). Die Deutsche Bank bewertet den Anstieg selbst als „kräftig“, weist jedoch darauf hin, daß vor allem das Aktienpaket bei DaimlerChrysler einen Schub von 3,9 Milliarden Mark gebracht hat. Die damalige Daimler Benz AG hatte im letzten Jahr eine Sonderausschüttung an die Aktionäre beschlossen. Ohne Sonderfaktoren sowie den außerordentlichen Kosten für die Euro- Umstellung und die Jahrtausendwende läge der Betriebsgewinn auf dem Niveau des Vorjahres – trotz Asienkrise, einem 500-Millionen- Anlagefonds-Desaster und kräftiger Börsenturbulenzen. Hermannus Pfeiffer