: Linsenwannen und Schwarzfilme
■ Gegen die Illusionsmaschine: „Stand der Dinge“ in Sachen neuer Filmexperimente aus der Hochschule für bildende Künste
In einer Badewanne voller Linsen versinkt sie, die Kölner Sängerin Adora. Allein ihr lustiges Gesicht ragt noch heraus. Die orange Farbstimmung wärmt ihren kleinen Electro-Popsong auch optisch. Diesen und zwei weitere Musik-videos von Svenja Rossa setzen einen musikalischen und ästhetischen Rhythmus im Programm von „Der Stand der Dinge“, das morgen im Metropolis Kurzfilme von Studierenden des Fachbereichs Visuelle Kommunikation an der HfbK zusammenfaßt.
Dabei finden sich durchaus Anschlüsse an das internationale Filmschaffen. In nur einem Tag hat das Regiekollektiv „Warnix– Machtnix“ A Gaga gedreht und dabei viele der Regeln angewendet, die auch von den vier dänischen Regisseuren um Lars von Trier als Dogma 95 propagiert wurden. Deren Forderung nach einem authentischen Kino wird A Gaga gerecht, indem nur mit Handkameras, ohne künstliches Licht und an Originalschauplätzen gedreht wurde. Das Ergebnis kommt gewollt unprofessionell, aber charming daher.
Konventioneller sind zwei andere Beiträge. In Fin de Siglo zeigt Maike Höhne einen romantischen Diskurs über Prostitution in Kuba. Ein ebenso inszeniertes Dokumentarspiel ist Wie immer eine dreiviertel Stunde von Mohammad Farokhmanesh. In flotten 15 Minuten spielt dieser Kurzfilm mit der Toleranz gegenüber Behinderten. Die Kamera ist zeitweise so dicht an dem Hauptdarsteller dran, daß sich erst Beklemmung und dann Begeisterung einstellt.
Der Schwarzfilm, den Hans Jörg Kapp zusammen mit dem ungarischen Performancekünstler Ratibor de Márquez entwickelt hat, reflektiert die Frage nach der Echtheit der Farbe Schwarz. Dabei behält Der Schwarzfilm das Geheimnis für sich, ob wirklich ein Stück des angeblich frühesten Zeugnisses der Filmgeschichte eingebaut wurde. Zu sehen ist darauf die Einfahrt eines Zugs in einen Tunnel, gedreht von einer bis dato unbekannten Schwester der französischen Filmpioniere Lumière. Nach der Durchquerung des Dunkels wird es Licht im Kino – bis zum nächsten „Stand der Dinge“.
Gyde Cold
morgen, 21.15 Uhr, Metropolis
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