Grüne: Mehr Marketing für das Staatsbürgerrecht

■ Eine Kampagne der Bundesregierung soll die Bevölkerung über das neue Staatsbürgerrecht aufklären. Immigrantengruppierung fordert, nicht voreilig vom Regierungsentwurf abzurücken

Berlin (taz) – Die Bündnisgrünen wollen eine Kampagne für die doppelte Staatsangehörigkeit, die in den Händen der Bundesregierung liegt. „Wir müssen für das Bodenrecht in der Bevölkerung offensiv werben, um den Menschen ein so zentrales rot-grünes Reformprojekt zu vermitteln“, sagte die grüne Vorstandssprecherin Antje Radcke zu dem Regierungsvorhaben, Zuwanderer und ihre Kinder schneller und leichter einzubürgern. Die Grünen formulieren heute ihre Ziele für die Koalitionsrunde zum neuen Staatsbügerschaftsrecht, das nach der verlorenen Hessenwahl ins Wanken geraten ist.

„An der Einführung des Bodenrechts führt für uns kein Weg vorbei“, sagte Radcke. Das sogenannte Bodenrecht besagt, daß Menschen die Staatsbürgerschaft des Landes erwerben, in dem sie geboren sind. Es gehe darum, meinte die Parteivorsitzende, daß sich Deutschland von der Vorstellung löse, daß sich Deutschsein über das Blut bestimme.

Radcke äußerte sich nach einem Treffen der Partei- und Fraktionsspitze mit der grünnahen Gruppierung „Immi-Grün“ am Samstag. Das „Bündnis neuer InländerInnen“ hatte sich energisch für das bereits als Entwurf des Innenministers vorliegende Gesetz zur Staatsangehörigkeit eingesetzt. Es sei unsinnig, von diesem richtigen Entwurf abzurücken, sagte der Berliner Immi-Grüne Özcan Mutlu. „Man muß kompromißbereit sein“, kritisierte Mutlu seine Partei, „aber man darf den Einstieg in das Bodenrecht nicht schon vor den Gesetzesberatungen preisgeben.“ Immi-Grün forderte die Regierung auf, über ihr Konzept besser zu informieren. Die Sprecherin der Neuen InländerInnen, Daniela Milutin, nannte Eckpunkte einer Kampagne, „die am besten morgen beginnt und den Gesetzgebungsprozeß das ganze Jahr über begleitet.“ Dazu zähle die Abkehr vom Blutrecht durch Einbürgerung und Erhalt der Bürgerrechte durch Geburt in Deutschland sowie die Hinnahme des Doppelpasses.

Milutin kündigte eigene Vorschläge der Immi-Grünen zu der Kampagne an, die sich an einer Aktion in den Niederlanden orientiert. Dort hatte die Regierung eine 70prozentige Ablehnung eines neuen Staatsangehörigkeitsrechts in eine 70prozentige Zustimmung verändert, indem sie über die Neuerungen ausgiebig informiert hatte.

Zur Aufklärungsarbeit gehört es nach Ansicht der Immi-Grünen, über die tägliche Diskriminierung der Zuwanderer und die politisch rechtlose Situation auch ihrer in Deutschland geborenen Kinder zu informieren. „Man muß für die gesellschaftliche Mehrheit kämpfen“, spielte Milutin auf den Fraktionschef der SPD, Peter Struck, an. Er hatte am Wochenende gesagt, die Regierung werde von ihrem ursprünglichen Entwurf abrücken – und eine doppelte Staatsbürgerschaft nur bis zu einem bestimmten Alter gewähren. Grünenchefin Radcke sagte, die Grünen lehnten das „Bodenrecht auf Zeit“ ab.

Christian Füller