Zuwenig Natur für Park

■ Gericht: Elbtalauen dürfen wegen zuviel Kulturlandschaft kein Nationalpark sein

Berlin (taz) –Der Nationalpark „Elbtalaue“ steht ein Jahr nach seinem Start vor dem Aus: Das Land Niedersachsen hat seinen jüngsten Nationalpark ohne eine gültige gesetzliche Grundlage eingerichtet, hat gestern das Oberverwaltungsgericht (OVG) Lüneburg entschieden. Es gab damit der Klage eines Bauern statt, der bei der Bearbeitung seiner landwirtschaftlichen Flächen durch den Park Beschränkungen hinnehmen sollte.

Der Nationalpark, der sich auf 85 Flußkilometern entlang der Elbe erstreckt, umfaßt 10.900 Hektar Fläche in den Landkreisen Lüchow-Dannenberg und Lüneburg. Er ist seit sechs Jahren umstritten. Für den Schutz der Elbe sollten die Äcker nur noch extensiv bewirtschaftet werden, das Land zahlte dafür knapp zwei Millionen Mark jährlich an Ausgleich an die Bauern.

Das Gericht befand, daß „für den Bereich, der von der Verordnung erfaßt wird, die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Unterschutzstellung als Nationalpark nicht vorliegen“. Das Gesetz fordere, daß Gebiete als Parks ausgewiesen werden könnten, die sich „in einem von Menschen nicht oder nur wenig beeinflußten Zustand“ befinden. Jedoch würden hier mehr als 40 Prozent des Parks als Grün- und Ackerland bewirtschaftet, und auch die Wälder und Gewässer im Parkgebiet seien „mehr als nur wenig beeinflußt“, es gebe Straßen, Parkplätze, eine Elbbrücke, Siedlungen, Häfen und Klärteiche. „Von einem von Menschen nicht oder nur wenig beeinflußten Gebiet kann danach keine Rede sein“, lautet das Urteil.

Das OVG ließ keine Revision zu. Letztmöglicher Schritt zur Rettung des Parks ist für Niedersachsen eine Nichtzulassungsbeschwerde vor dem Bundesverwaltungsgericht in Berlin. Die Sprecherin des Umweltministeriums in Hannover, Jutta Kremer-Heye, sagte, man sei von dem Urteil überrascht worden. Allerdings sei es bedenklich, wenn ein Gericht die Grenzen für die Ausweisung von Nationalparks in einem hochentwickelten Land wie der Bundesrepublik so eng ziehe, sagte Kremer-Heye. Bernhard Pötter

Az: 3 K 2630/98