: Für dumm verkaufen?
■ Warnstreiks im Öffentlichen Dienst
„Schily hat sich innerhalb von 100 Tagen ein Image aufgebaut, für das Kanther jahrelang gekämpft hat...“ Die Spitzen des Kabaretts Alma Hoppe gegen Rot-Grün kamen gestern gut an bei den Arbeitern und Angestellten im Öffentlichen Dienst. Über 1.000 Beschäftigte versammelten sich zu früher Stunde vor dem Gewerkschaftshaus am Besenbinderhof zum ersten Warnstreik in Hamburg, zu dem die Gewerkschaften ÖTV und DAG aufgerufen hatten.
Die DemonstrantInnen waren aus allen Bereichen des Öffentlichen Dienstes gekommen, sogar die gemeinsame DAG/ÖTV-Betriebsgruppe „Rathaus“ war erschienen. Besonders Innenminister Otto Schily, der die Verhandlung auf der Arbeitgeberseite führt, und Finanzminister Oskar Lafontaine (beide SPD), der vor der Bundestagswahl noch die Stärkung der Massenkaufkraft propagiert hatte, haben den Zorn der GewerkschafterInnen auf sich gezogen.
Lafontaine habe „einen Kurswechsel zu einer produktivitätsorientierten Lohnpolitik eingefordert“, prangerte ÖTV-Chef Wolfgang Rose an, „nur für den öffentlichen Dienst soll das nicht gelten.“ Angeblich sei die Produktivität hier nicht meßbar. „Diese Aussage ist abenteuerlich“, schimpfte Rose, und die Forderung nach 5,5 Prozent mehr Lohn sei mehr als berechtigt: „Wir haben in dieser Republik doch nicht für den Politikwechsel gesorgt, um uns jetzt für dumm verkaufen zu lassen.“
Falls Bund und Länder bei den heutigen Tarifverhandlungen kein vernünftiges Angebot vorlegen sollten, drohte Rose, würden die Warnstreiks in Hamburg umgehend massiv ausgeweitet. Dann würden als nächste auch die kampferprobten Müllmänner in die Aktionen einbezogen. Kai von Appen
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen