: Link zu Müsli und Yoghurt
Öko-Einkauf im Netz: Auch Bio-Anbieter haben Internet-SurferInnen als Kunden entdeckt. Ein kleiner Ausflug ■ von Gernot Knödler
„Heidelbeerlikör heute besonders lecker!“ prangt in dicken Buchstaben auf dem Marktplatz. Drumherum stehen Büdchen mit Namen wie „Gesundheit & Kosmetik“ oder „Rund um's Tier“. Leider nützt es wenig, daß der Likör heute gut schmeckt – bis er auf meinem Couchtisch steht, ist es mindestens morgen. Denn an den Ständen stehen keine VerkäuferInnen mit frostroten Backen, und das Obst stammt zwar aus ökologischem Landbau, läßt sich aber nicht betatschen. Dieser Öko-Markt ist virtuell, im Internet unter http://www.allesdirekt.de zu erreichen.
Viele der Büdchen sind noch leer, ausgerechnet unter dem Rubrum „Auto & Freizeit, Hobby & Reisen“ gibt es jedoch eine Eintragung: den „Power Green“, ein Ding, das aussieht wie der Schalldämpfer eines Auspuffs und angeblich 18 bis 22 Prozent Treibstoff spart. Hinter dem Büdchen „Essen und Trinken, Lieferdienste“ riecht es schon strenger nach Öko: Dahinter verbirgt sich eine Liste mit Anbietern aus so malerisch anmutenden Orten wie Langenlonsheim, Barbing/Sarching oder Himmelkron. Vom Schnaps bis zum Yoghurt haben die dort ansässigen Händler alles auf der Pfanne. Ihre Ware schicken sie per Post.
Allesdirekt ist verknüpft mit allesBio (http://www.alles-bio.de), wo der oder die Zugezogene Listen mit Öko-Bauernhöfen und Abokisten-LieferantInnen in seiner neuen Heimat findet. Eine nach Postleitzahlen geordnete Deutschland–Karte läßt sich zum Beispiel bis auf den Raum 21 – Hamburg-Süderelbe – und die am nächsten gelegenen Bio-Betriebe herunterzoomen.
Mehr Speicherplatz als allesBio und allesdirekt frißt die Homepage des Naturkost-Express (http://www.naturkost-express.de): Dort schlägt ein Vogel vorm Regenbogen mit den Flügeln, und eine Erdbeere blinkt den Besucher der Website freundlich an. Hinter dem Link „Hersteller“ sieht es allerdings noch ein bissel mau aus. Außer der „Demeter-Bäckerei Bahde“ läßt lediglich Rapunzel – „engagierter Naturkosthersteller mit Hand in Hand-Projekten“, sein Haar herunter.
Unter „Sortiment“ dagegen öffnet sich eine weite Welt des Konsums von „Aufstrich, pikant“ bis zu „Salzkristall-Leuchten“ und darüber hinaus. „Hallo Hamburg“ informiert über die Möglichkeit, sich Abokisten mit Obst und Gemüse ins Haus liefern zu lassen, und unter „Baby“ bietet der Naturkost-Express „Stillberatung“.
Und schließlich haben auch die ökologischen Internet-Anbieter das Kind als Kunde entdeckt: „Du kannst Dir gar nicht vorstellen, wie gut es uns hier in Deutschland geht“, sagt die Weltkugel Funy. „Auf jeden Fall bis Du ja auch sehr verantwortungsbewußt, denn Du ißt ja bereits biologisch angebaute Nahrung und hilfst damit der Erde...“ Am Ende präsentiert sie dann „eine tolle Preisliste speziell für Kids“, das Link zu Müsli, Eis und Ketchup.
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