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Kreisen bis hin zum Genußpunkt

Eine Reise durch Gewürze, Alkoholika und Opiate: Ab morgen zeigt das Speicherstadtmuseum GENUSSmittelKULTUR  ■ Von Kristina Maroldt

Manchmal kann ein kleiner Kakaobaum zu einem Problem werden. Zum Beispiel, wenn im Winter ein robustes, nicht zu teures Exemplar aufgetrieben werden muß, das Zugluft verträgt und noch dazu Früchte trägt. Doch Astrid Hooghoff ist inzwischen Kummer gewohnt. Die Volkskundestudentin ist Mitorganisatorin der Ausstellung GENUSSmittelKULTUR, die ab morgen im Speicherstadtmuseum zu sehen sein wird. Bis zum 30. Juni dreht sich dort alles um die Geschichte und Bedeutung von zwölf Genußmitteln, darunter Honig, Kaffee, Wein, Gewürzen oder Opiaten. Begleitet wird die Ausstellung von einer Veranstaltungsreihe, die unter anderem zu historischen Menüs und Weinseminaren einlädt oder zu Tastings edler Kaffeesorten und Whiskeymarken. Filme, Lesungen und Vorträge flankieren das Spektakel.

Wenn 32 StudentInnen des Hamburger Instituts für Volkskunde innerhalb eines zweisemestrigen Seminars ein solches Mammutprojekt auf die Beine stellen, sind Kakaobäume bei weitem nicht das größte Problem. Ein Konzept mußte her, das auch finanzkräftige Sponsoren überzeugt. Die einzelnen Genußmittel mußten erforscht und die Ergebnisse für ein breites Publikum aufbereitet werden.

„Wir haben im Grunde genau das gemacht, was der Inhalt des Faches Volkskunde ist“, freut sich Professor Thomas Hengartner, Initiator und wissenschaftlicher Leiter des Uniprojekts. „Thematisiert wurde das Besondere des Alltags. Wer macht sich denn heute noch groß Gedanken, wenn er mal eine Tasse Kaffee trinkt?“ Das Engagement seiner StudentInnen und die Professionalität des Ergebnisses hat ihn selbst erstaunt. „Was da an Kontakten zusammengekommen ist, ist unglaublich.“

Zum Beispiel die Zusammenarbeit mit der Berliner Architektin Sabine Jank, die das Konzept für den Ausstellungsraum in der Speicherstadt entworfen hat. Seit Mitte Februar bauen, schrauben und bohren StudentInnen in dem Dachraum über dem Museum, um die architektonischen Vorgaben in die Praxis umzusetzen. „Als Laie ist das gar nicht so einfach“, stöhnt Lydia Struck von der Baugruppe. Die Studentin steht mit Mantel und dickem Wollschal im künftigen Ausstellungsraum und zeigt auf ein ovales Holzpodest: „Hier entsteht das Genußzentrum, in dem Besucher sich entspannen können und von uns Tee oder Kaffee serviert bekommen.“

Wo jetzt noch Leitern und Bohrmaschinen lehnen, können ab morgen verschiedene Genußmittel in durchsichtigen Plastikstellwänden besichtigt werden, große Tafeln informieren auf deutsch und englisch über die Geschichte und Bedeutung von Hanf oder Honig. Über Produkt- und Geschmackskreise sollen sich die BesucherInnen nach und nach zum Zentrum des Raumes vorschmecken und -riechen: dem hinter weißen Vorhängen verborgenen Genußpunkt. Den äußersten Kreis bildet die Natur: Bäume und Sträucher, ohne die der Genuß gar nicht möglich wäre.

Dank eines kleinen Privatmuseums in Peine wird dort am Dienstag auch ein Kakaobaum stehen. Noch in letzter Minute konnte eine Studentendelegation die Leihgabe des niedersächsischen Schokoladenmuseums feierlich ins feuchte Hamburg geleiten. Dort wird die Pflanze jetzt mit Hilfe von Wärmelampen gehätschelt und gepflegt.

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