: Mysteriöse Explosionen in Sambia
■ Regierung macht „äußeren Feind“ für Bombenserie in der Hauptstadt Lusaka verantwortlich. Streit mit Angola als Ursache?
Berlin (taz) – Eine Serie von Bombenanschlägen erschüttert seit zwei Tagen Sambia im südlichen Afrika. 14 Sprengsätze explodierten allein am Sonntag hintereinander in verschiedenen Teilen der Hauptstadt Lusaka. Gestern wurden drei weitere Sprengsätze vor dem Obersten Gerichtshof entschärft.
Hauptziel der Bomben war die Botschaft Angolas. Ein Sprengsatz zerstörte dort am Sonntag mittag das Dach und tötete einen Wachmann. Weitere Bomben trafen die Trinkwasserversorgung Lusakas und wichtige Strommasten sowie den staatlichen Schulbuchverlag und die US-amerikanische internationale Schule. Zielscheiben waren auch die Häuser zweier regierungskritischer Politiker: der ehemalige Handelsminister Enoch Kavindele, der im September aus dem Kabinett entlassen worden war, und der Präsident der jüngsten sambischen Oppositionspartei UPND (United Party for National Development), Anderson Mazoka. Die Bomben gingen neben ihren Häusern hoch, ohne Schäden anzurichten.
Für die Anschläge hat bisher niemand die Verantwortung übernommen. Sambias Regierung unter Präsident Frederick Chiluba hat nun die Bevölkerung aufgefordert, nicht mehr auf die Straße zu gehen, und erwägt die Verhängung des Ausnahmezustandes. Ferner hat die Regierung die Truppen an den Grenzen zu den Nachbarländern Angola, Namibia und Kongo verstärkt. „Alle Sicherheitskräfte und die Armee sind in höchster Alarmbereitschaft“, sagte Justizminister Vincent Malambo und erklärte: „Aus unserer Sicht und vorläufiger Analyse sieht dies wie die Tat einer auswärtigen Kraft aus, eines auswärtigen Feindes.“
Beweise dafür legte Malambo nicht vor, aber der Anschlag auf die Botschaft von Angola deutet in Richtung des schwelenden Streits zwischen Sambia und Angola. Angolas Regierung wirft Sambia vor, Ausbildungslager der angolanischen Unita-Rebellen im Westen Sambias zu tolerieren, und behauptet, die Unita erhalte über sambisches Gebiet Söldner aus Südafrika und Waffennachschub aus dem Hafen von Tansanias Hauptstadt Daressalam.
Die Regierungszeitung Times of Zambia kommentierte gestern die Bombenserie: „Angolas Drohungen, die Verantwortlichen für die geheimen Waffenlieferungen an die Unita zu bestafen, könnte einige zum Schluß verleiten, daß die Angolaner hinter den Explosionen stecken, die Lusaka erschüttern.“ Daß Angolas eigene Botschaft dabei getroffen wurde, könnte „ein Ablenkungsmanöver“ sein.
Die Bombenexplosionen erfolgten einen Tag, nachdem ein Oppositionsbündnis landesweite Demonstrationen bis zum Rücktritt der angeblich am Waffenschmuggel für die Unita beteiligten Regierungsmitglieder ankündigte. Sambische Oppositionelle reagierten auf die Anschlagsserie mit dem Vorwurf, daß Präsident Chiluba gerne innenpolitische Krisen schüre, um die eigene Position zu festigen und Gegner kleinzuhalten. Die unabhängige Zeitung Post äußerte gestern die Befürchtung, die Bomben könnten „eine inszenierte Sache sein, um irgendeine drakonische Maßnahme wie den Ausnahmezustand herbeizuführen und einer angeschlagenen Regierung weitreichende Vollmachten zu geben“. Dominic Johnson
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