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Atomkonzerne ohne Kriegskasse

■ Steuerfreie Rückstellungen für die Atommüllentsorgung sollen gestrichen werden. PreussenElektra will dagegen vor Gericht ziehen

Folgt man der Rechnung des PreussenElektra-Vorstandsvorsitzenden Hans-Dieter Harig, so kann sich Bundesfinanzminister Oskar Lafontaine bald über einen hübschen Batzen zusätzliche Einnahmen freuen. Etwa 25 Milliarden Mark haben die AKW-Betreiber nach Ansicht des Strommanagers durch die geplante Neuordnung der Besteuerung der Rückstellungen für die Atommüllentsorgung künftig mehr zu zahlen.

Weil die Frage der landläufig „Entsorgungsmilliarden“ genannten Rückstellungen erst in den Energiekonsensgesprächen behandelt werden sollte, fordert Harig den Kanzler auf, gegenüber seinen Parteivorsitzenden und Finanzminister Lafontaine „seine Richtlinienkompetenz wahrzunehmen“.

Mit den Rückstellungen in Höhe von etwa 50 Milliarden Mark, die die AKW-Betreiber für den Abriß der Atommeiler, für Wiederaufarbeitung und für Zwischen- und Endlagerung zurückgelegt haben, sei keineswegs „heimlich eine Kriegskasse gebildet“ worden, so der PreussenElektra- Chef. Ihre Höhe sei nicht willkürlich gewählt, sondern durch die technischen Anforderungen an die Entsorgung und die langen Zeiträume gerechtfertigt.

Die Höhe der Rückstellungen wird mit der rot-grünen Steuerreform allerdings auch nicht in Frage gestellt. Der Finanzminister will lediglich eine sogenannte „Abzinsung“ einführen: Die heute zurückgestellten Entsorgungsmilliarden werden in der Regel erst in Jahrzehnten tatsächlich gebraucht. Bisher konnten die Betreiber in dieser Zeitspanne mit den steuerfrei zurückgestellten Beträgen machen, was sie wollten. Diese Gelegenheit nutzten sie zum Erwerb anderer Unternehmen, etwa der Telekommunikationsbranche.

Nun soll für jedes Jahr, in dem die Rückstellungen noch auf ihren eigentlichen Entsorgungszweck warten, eine Abzinsung von 5,5 Prozent (auf soviel ist der automatische Zuwachs veranschlagt) fällig werden – auch rückwirkend. Das heißt, für eine Entsorgungsmilliarde, die erst in 30 Jahren tatsächlich gebraucht wird, dürfen nur noch rund 300 Millionen steuerfrei zurückgelegt werden.

Ein kleinerer Teil der Steuernachzahlungen geht auch auf die Verlängerung der steuerlichen AKW-Betriebsdauer von jetzt 19 auf 25 Jahre zurück. Da sich die Rückstellungen für AKW-Abrißkosten damit auf mehr Jahre verteilen, fallen die jährlichen Rückstellungen geringer aus als bisher gedacht. Für die Kosten der Fertigung von plutoniumhaltigen MOX-Brennelementen will das Finanzministerium gar keine Rückstellungen mehr zulassen. Die PreussenElektra will jetzt dagegen vor Gericht ziehen. Für Harig ist das teure Verarbeiten von Plutonium zu MOX-Brennelementen ein steuerlich zu begünstigender Entsorgungsschritt. Implizit ist dies allerdings das Eingeständnis, daß die Wiederaufarbeitung, aus der das Plutonium stammt, nur Produktion von weiterem atomarem Abfall ist. Jürgen Voges

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