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Von Barbie zu Simone de Beauvoir

■ Feministisches Sendemarathon: Der WDR durchmißt am Sonntag das „Jahrhundert der Frauen“

Die Redakteurinnen vom monatlichen Fernsehmagazin „FrauTV“ haben es geschafft: Am Vortag des 8. März sendet der WDR in seinem dritten Programm 20 Stunden lang „Frauenfernsehen“. Gratulation, denn ein reines Frauenprogramm hat es in der öffentlich-rechtlichen deutschen TV-Geschichte noch nicht gegeben. Doch was, bitte, ist „Frauenfernsehen“?

Den Redakteurinnen Inge von Bönninghausen und Andrea Ernst war aufgefallen, daß kaum eine der Chroniken vor der Jahrtausendwende die Leistung oder den Kampf von Frauen berücksichtigt. Mit ihrem feministisch motivierten Sendemarathon wollen die beiden den Fokus auf jene Frauen lenken, denen wir verdanken, was heute selbstverständlich ist – das Wahlrecht etwa oder die Hochschullaufbahn –, und auf jene, die sich heute für benachteiligte Frauen einsetzen.

Damit „das Jahrhundert der Frauen“ nicht zum „verlängerten Geschichtsunterricht“ (v. Bönninghausen) verkommt, wurde das Programm gemischt, wie der Programmdirektor es nicht hätte schöner machen können: Features, Porträts, Spielfilme und Live-Diskussion wechseln einander ab und sind thematisch doch verbunden.

So beginnt der Tag mit einer Folge „Frauen erinnern Frauen“, einer fünf Kurzporträts umfassenden Reihe, in der prominente Frauen beeindruckende Geschlechtsgenossinnen vorstellen: Sonia Mikich über Margaret Thatcher, Gianna Nannini über Janis Joplin oder (zum Auftakt) Maria von Welser über die birmesische Nobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi. Es folgt eine Diskussion zur Situation muslimischer Frauen und die gerade 38 Minuten lange Dokumentation „Aufruf zum Ungehorsam“ zur Geschichte der deutschen Frauenbewegung.

Das Programm reicht von Barbie bis zu Simone de Beauvoirs Geschlechterdebatte. Während Millionen Hausfrauen Kartoffeln schälen und Braten füllen, läuft im WDR ein Porträt der türkischen Pianistinnen und Zwillingsschwestern Güher und Süher Pekinel, „Muriels Hochzeit“ und ein Magazin über Mädchenpubertät. Viermal überträgt der Sender aus einer Live-Veranstaltung in Dortmund, u.a. mit Rita Süssmuth, Regine Hildebrandt und Petra Roth. Ein wenig verwunderlich stimmt nur die Herrenrunde mit dem Titel „Neue Väter“. Die eröffnet jedoch eine unschöne Einsicht: Bei allem, was wir im „Jahrhundert der Frauen“ gelernt haben – in der Kategorie „(Sende-)Platz haben – Platz halten“ sind einige Lektionen nachzuholen. Silke Burmester

„Das Jahrhundert der Frauen“: So. ab 10 Uhr, WDR – Highlights: „Aufruf zum Ungehorsam – Zur Geschichte der deutschen Frauenbewegung“, 11 Uhr; „Das Jahrhundert der Frauen – live aus der Zeche Zollverein“, 15 Uhr; „Rote Nelken – Die DDR und ihre Frauen“, 16.30 Uhr

„Frauen Weltweit – die WDR- Nacht“: 0.50 bis 6 Uhr

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