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„Liebe frauentaz...“ –betr.: – Die aktuelle Ratgeberin in der taz – bei Problemen, fragen Sie Frau Brigitte

Sehr geehrte Frau Brigitte,

ich bin eine junge TAZ-Leserin und kenne seit längerer Zeit einen Mann, mit dem ich mir vorstellen könnte, ein paar Jahre zu verbringen. Nun stellt sich für mich die Frage: Soll ich heiraten oder nicht? Was spricht dafür und was dagegen? Ich warte gespannt auf Ihre Antwort!“ Mira K.,Bremen

Liebe junge TAZ-Leserin,

Ich freue mich für Sie, daß Sie einen Menschen gefunden haben, mit dem Sie leben möchten. – Ich bin mir sicher, Sie haben diesen Partner mit Sorgfalt auf Herz und Hirn geprüft, mindestens mit der gleichen Sorgfalt, die Sie auch beim Kauf einer Waschmaschine an den Tag legen würden. Herzlichen Glückwunsch!! Doch nun zu Ihrem Problem. Ich muß Ihnen als taz-Leserin keinen Vortrag darüber halten, daß die EHE das klassische Do-mestizierungsinstrument für Frauen war ...

Die Frage, die Sie stellen, zielt von daher sicher auf den ökonomischen Nutzen einer solchen Verbindung. Ich finde es gut, daß die junge Frau von heute nicht aus ideologischer Sicht heraus, quasi mit Scheuklappen, eine Lösung ablehnt, die ihr bei genauer Prüfung Vorteile bringen könnte.

Gehen wir also die einzelnen Punkte durch und fangen mit der Hochzeit an:

Die Hochzeit ist nur selten ein ökonomischer Gewinn. Rechnen Sie Kosten und Geschenke gegeneinander auf, bleibt die Summe meistens bei plus/minus Null.

Wenn Sie sich allerdings heimlich nach einer kirchlichen Trauung sehnen, dann seien Sie konsequent: Kein noch so liebevoll arrangiertes Fest unter FreundInnen kann das Dröhnen einer Orgel ersetzen. Wenn diese Sehnsucht Sie leitet, dann stehen Sie dazu und heiraten in weiß!

Allerdings: Wenn Sie und Ihr Partner Arbeit haben, lohnt sich eine Eheschließung nicht. Erbschaftsangelegenheiten können ebenso einfach durch ein Testament geregelt werden, und sicherlich werden Sie darauf achten, daß Sie beim Erwerb von gemeinsamem Eigentum als erste auf allen Dokumenten stehen!

Dies gilt aber nur, wenn Sie beide etwa gleich viel verdienen. Wenn Ihre Einkommen sehr unterschiedlich sind, hat der Staat das sogenannte Steuersplitting erfunden. Dadurch erhöht sich das Familieneinkommen. Sollten Sie über das höhere Einkommen verfügen, rate ich zur Eheschließung. Sie erhalten dann die Steuerklasse III, Ihr Partner die Steuerklasse V. Dadurch erhöht sich Ihr Nettoeinkommen deutlich (das Ihres Partners wird abgesenkt). Das hat Folgen für alle nachfolgenden Zahlungen, auf die Sie ein Anrecht haben, so z.B. beim Arbeitslosengeld und beim Mutter-schaftsgeld. Außerdem ist der psychologische Vorteil „außerdem gibst Du schließlich mein Geld aus!“ bei Partnerschaftskonflikten nicht zu verachten.

Schließen Sie am besten vor Eheantritt einen notariell beglaubigten Ehevertrag, der gegenseitige Unterhaltsleistungen und Versorgungsausgleichsansprüche ausschließt, denn sonst müssen Sie bei späterer Scheidung von Ihren Rentenrechten Ihrem Ehemaligen etwas abgeben, und wer tut das schon gern!!

Sie möchten ein Kind? Schön! Sie möchten Karriere und Mutterglück vereinbaren – kein Problem. Bitten Sie Ihren Partner einfach, eine Teilzeitbeschäftigung aufzunehmen. Auch klassische Männerbetriebe wie die Stahlwerke Bremen bieten ihren Mitarbeitern inzwischen Teilzeitarbeitsplätze an. Auch in diesem Falle kann für Sie eine Eheschließung lohnend sein.

Sollte es Ihnen wichtig sein, allein über das Wohl Ihres Kindes zu entscheiden, kann ich vor einer Ehe nur warnen, denn in der Ehe gilt das gemeinsame Sorgerecht. Wollen Sie im Falle einer Trennung dann das alleinige Sorgerecht erhalten, wären ermüdende Sitzungen bei RichterInnen die Folge. Der kurzfristige materielle Vorteil einer Ehe wiegt diesen Streß nicht auf.

Liebe TAZ-Leserin, ich hoffe, daß ich etwas zu Ihrer persönlichen Entscheidungsfindung beitragen konnte.

Über eine Einladung zu einem wie auch immer gearteten „Beziehungseingangsfest“ würde ich mich freuen! Herzlichst

Ihre Frau Brigitte

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