piwik no script img

Betr.: Urania

Astronomen riefen sie ins Leben: Wilhelm Foerster und Max Wilhelm Meyer setzten 1888 die Humboldtsche Idee einer wissenschaftlichen Volksbildung in Berlin um, am 3. März tagte erstmals der Urania-Verein. Das erste Domizil in der Invalidenstraße beherbergte auch eine öffentliche Sternwarte. Bald expandierte man in ein Gebäude an der Taubenstraße, an dessen Front neben den Büsten von Humboldt und Kopernikus auch die von Werner von Siemens prangte. Der Industrielle war in der Anfangszeit der Urania ein Hauptfinanzier, Naturwissenschaften waren der programmatische Schwerpunkt des Vereins.

Bereits im ersten Halbjahr ihres Bestehens verzeichnete die Urania 60.000 Besucher, Tendenz steigend. „Urania“, hieß es in einer Denkschrift, wurde zum Synonym für „volkstümliche Naturkunde“. Das Berliner Beispiel machte Schule für eine neue Gattung von Bildungseinrichtungen, die in vielen europäischen Städten bis heute existiert.

In den Inflationszeiten der 20er Jahre wurde die Unterhaltung der kostspieligen technischen Ausstattung vom Vorteil zum existentiellen Problem für die Urania, der Bankrott konnte nur noch durch den Verkauf von Domizil und Technik abgewendet werden.

Gegen die Übernahme durch die Nationalsozialisten prozessierte der Vorstand, schließlich trat er zurück. Die Neukonstitution der bis heute nicht staatlich geförderten Urania erfolgte 1953, als eingetragener Verein. Der Bildungstempel des Großbürgertums hatte den Schritt zur Einrichtung des kleinen Mannes vollzogen. Der tragende Verein zählte bald 4.000 Mitglieder. Die Grundsteinlegung für das neue Domizil an der Kleiststraße erfolgte 1961, im Jahr des Mauerbaus. 1.270 Mitglieder saßen nun plötzlich jenseits des Eisernen Vorhangs. Heute sind 5.000 Mitglieder im Urania-Verein organisiert, 300.000 Menschen kommen jährlich in die Veranstaltungen.chr

Foto: Erik-Jan Ouwerkerk

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen