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Bei Recherche über Giftmischer in Kapstadt verhaftet

■ Der Journalist Ceppi arbeitete über die Zusammenarbeit zwischen dem Apartheid-Regime und Schweizer Geheimdienst und Banken bei der Entwicklung von B- und C-Waffen

Johannesburg (taz) – Bei Recherchen über die Beziehungen der Schweiz zum südafrikanischen Apartheidregime ist der Schweizer Fernsehjournalist Jean-Philippe Ceppi in Kapstadt verhaftet worden. Der Journalist wurde am Freitag abend auf Veranlassung des militärischen Geheimdienstes festgenommen, weil er ein streng geheimes militärisches Dokument in Händen haben soll, teilte der Schweizer Generalkonsul Roland Viotti mit. Heute soll Ceppi einem Richter vorgeführt werden.

Der Fall läßt die südafrikanischen Behörden in keinem guten Licht erscheinen. Offiziell verstößt Ceppi gegen ein Gesetz aus dem Jahr 1992, das den Besitz militärischer Dokumente untersagt. Seine Recherche allerdings führt in den Sumpf bisher streng geheimer Beziehungen zwischen dem Apartheid-Regime und der Schweiz. Der Journalist kam im Auftrag des französischsprachigen Kanals des Schweizer Fernsehens nach Südafrika, um für die Magazin-Sendung „Temps Présent“ einen Dokumentarfilm zu drehen. Bereits im vergangenen Jahr hatte er durch eine Artikelserie über geheime Beziehungen zwischen der Schweiz und dem Apartheid-Regime Aufsehen erregt.

Darin befaßte er sich mit der Rolle des früheren Chefgiftmischers des Regimes, Wouter Basson, der sich zu Beginn der 90er Jahre mehrmals in der Schweiz aufgehalten und dort offenbar beste Beziehungen zum Geheimdienst und zu Banken hatte. Basson, der jetzt in Südafrika wegen Anstiftung zum Mord und Drogenhandels angeklagt ist, war jahrelang der Leiter eines streng geheimen Programms zur Entwicklung von B- und C-Waffen in der südafrikanischen Armee.

Der Dr. Seltsam des Apartheid- Regimes suchte ein Gift, das keine Spuren hinterläßt. Er träumte von einer chemischen Wunderwaffe, um Schwarze unfruchtbar zu machen. Von diesen Programmen wußte offenbar nicht nur die Schweizer Regierung, sondern sie wurden möglicherweise mit Hilfe von Krediten von Schweizer Banken finanziert. Basson selbst benutzte offenbar Konten in der Schweiz für Transaktionen im Zusammenhang mit dem Programm und kaufte in der Schweiz auch Chemikalien ein.

Zwar hat die südafrikanische Regierung selbst die Schweizer Behörden um Amtshilfe bei ihren Recherchen über Basson gebeten, doch hat sie nur wenig Interesse daran, daß der Fall bekannt wird. Im vergangenen Jahr versuchte sie sogar, eine Aussage des mittlerweile von ihr beschäftigten Geheimnisträgers vor der Wahrheitskommission zu verhindern.

Ceppis Verhaftung kommt zu einem Zeitpunkt, da die Beziehungen der Schweiz zum Regime am Kap ohnehin im öffentlichen Interesse stehen. In dieser Woche war in Südafrika eine in der Schweiz bereits im Februar vorgestellte Studie veröffentlicht worden, die sich mit der Rolle von Schweizer, deutschen, amerikanischen und britischen Banken befaßt. Darin kommen die Autoren Mascha Madörin und Gottfried Wellmer zu dem Schluß, daß vor allem Schweizer und Deutsche Banken maßgeblich dazu beigetragen haben, das Regime seit Mitte der 80er Jahre durch großzügige Kredite am Leben erhalten und daran bestens verdient zu haben. Namentlich genannt sind die Deutsche Bank, die Dresdner Bank und die Kommerzbank in Deutschland sowie die Crédit Suisse, die Swiss Bank Corporation und die UBS in der Schweiz.

Die Auslandsschulden, die das demokratische Südafrika von den weißen Machthabern geerbt hat, nennen die Autoren „unmoralisch“. Gemeinsam mit der internationalen Kampagne „Jubilee 2000“, die sich für einen weltweiten Schuldenerlaß für Dritte-Welt- Staaten einsetzt, fordern sie auch die Streichung der südafrikanischen Schulden. Außerdem sollen die Banken Entschädigungen an Südafrika zahlen. Kordula Doerfler

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