: Wo ist die Urne von Roy Black?
■ Verwirrung um einen makabren Grabraub In der maßgeblichen Roy-Black-Biographie heißt es ausdrücklich, der Sänger sei in einem Eichensarg beerdigt worden
Augsburg (taz) - Dem kleinen Friedhof in Augsburg-.Gögging, wo Roy Black am 16. Oktober 1991 zu Grabe getragen wurde, ist nichts anzumerken: Zwischen den gepflegten Beeten gehen Witwen und Waisen ihrer Wege, in Grabschleifen mit Grauschleier spielt der Wind, und hier und da rascheln ein paar Spatzen im Gesträuch. Doch das beschauliche Bild trügt. Wenn man einem Bekennerschreiben, das der taz vorliegt,Glauben schenken darf, haben hier vor kurzem Grabräuber zugeschlagen und die Urne mit den sterblichen Überresten des Schlagersängers Roy Black entwendet.
Wörtlich heißt es in dem Brief: „Roy Black ist seit mehr als sieben Jahren tot. Aber noch immer quält man uns mit seinen Schnulzen, seinem schmalzigen Timbre, seiner unsäglichen Physiognomie und seiner schleimigen Frisur. Im Fernsehen: Roy Black. Im Radio: Roy Black. In Zeitschriften: Roy Black. Sogar im Buchladen: Roy Black. Wohin wir auch schauen, wohin wir auch hören, Roy Black wimmert und zwinkert uns an. Wir kennen seine schlimmsten Lieder (,Auf den Flügeln der Sehnsucht‘, ,Hilf mir durch den Wind‘, ,Champagner und ein Hauch von Sinnlichkeit‘, ,Stille Wasser sind wie Feuer‘, ,Brauner Teddybär‘). Wir kennen seine übelsten Alben (,Träume in Samt und Seide‘, ,Sag‘ du zu mir‘, ,Ich hab‘ dich lieb‘, ,Ich denk‘ an dich‘, ,Gefühle‘ und ,Samtweich‘). Wir kennen auch die Titel seiner widerwärtigsten Filme (,Immer Ärger mit den Paukern‘, ,Schwarzwaldfahrt aus Liebeskummer‘, ,Paradies der flotten Sünder‘, ,Ein Schloß am Wörthersee‘). Es reicht! Wir finden, daß es höchste Zeit ist, Roy Black endlich ruhen zu lassen. Aus diesem Grund haben wir seine Urne mitgehen lassen und werden sie an einer diskreten Stelle verscharren – es sei denn, die Inhaber der Rechte an Roy Blacks Schnulzen, seinen Filmen und seinem Gesicht versprechen öffentlich, die Schnulzen , die Filme und das Gesicht für immer aus dem Verkehr zu ziehen. Geschieht das bis Sonntag dieser Woche, 12 Uhr, geben wir die Urne wieder her. Sonst nicht. Sonst nie mehr!“
Unterzeichnet ist der Brief von einem „Kommando Letzte Ruhe für Roy Black – Die Geschmackspolizisten“. Einem Vermerk ist zu entnehmen, daß er auch an dpa, Bild und Bravo geschickt wurde.
Äußerlich ist Roy Blacks Grab jedoch unversehrt. Von der Friedhofsverwaltung war gestern keine Auskunft zu bekommen, ebensowenig von der Augsburger Kriminalpolizei und von Roy Blacks Plattenfirma Polydor in Hamburg. Weiß man dort mehr, als man zugeben möchte? In der maßgeblichen Roy-Black-Biographie („Roy Black. Sein Leben“, München 1993), verfaßt von seinem langjährigen Manager Wolfgang Kaminski und dem Publizisten Dieter Moll, heißt es ausdrücklich, daß Roy Black 1991 in einem Eichensarg beerdigt worden sei. Costa Cordalis, Thomas Gottschalk, Uschi Glas und rund 8.000 weitere Trauergäste, die damals anwesend waren, müßten es bezeugen können. Ist Roy Black in der Zwischenzeit heimlich eingeäschert worden? Oder ist alles nur ein makabrer Streich? Es ist nicht anzunehmen, daß Roy-Black-Fans, die zu den rabiatesten der Branche zählen, sich mit halbherzigen Antworten zufriedengeben werden.
Gerhard Henschel
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