: Arbeit im heimatlichen Ausland
Hamburger Türken suchen Stellen in der Türkei. Arbeitsamt zahlt Praktika ■ Von Judith Weber
Ingenieur Metin Kurt will ins Ausland. Denn zu Hause, in Hamburg, sieht es schlecht aus mit Jobs für den diplomierten Nachrichtentechniker. Nicht, daß Kurt kein Geld verdienen würde. Der Türke arbeitet bei einem Unternehmen, das Computer programmiert und installiert. Aber, weiß er, „das ist es auf Dauer nicht.“ Also versucht der 31jährige, seine zweisprachige Erziehung zu nutzen: Metin Kurt bewirbt sich auf eine Stelle in der Türkei. Bei der ersten Hamburger Jobbörse „Arbeitsplatz Türkei“ knüpft er Kontakte zu Firmen und setzt seinen Namen auf die Liste derer, die ein dreimonatiges Schnupperpraktikum machen wollen.
Die Kosten für diese Praktika übernimmt das Hamburger Arbeitsamt. Nach einem Vierteljahr – so lange dauert die türkische Probezeit – entscheiden Unternehmen und Arbeitnehmer über einen regulären Vertrag. 20 Praktikumsplätze hat die Hamburger Behörde bereitgestellt. Rund 12.000 Mark pro Person investiert sie.
„Wenn mehr Menschen teilnehmen möchten, wird unser Verwaltungsausschuß mit Freuden noch 100.000 Mark drauflegen“, gab sich Amtsdirektor Olaf Koglin bei der gestrigen Eröffnung der Jobbörse großzügig. Das Geld sei schließlich „hervorragend investiert“. In die Entlastung des Arbeitsmarktes zum Beispiel und in die „Reintegration“ der TürkInnen – auch wenn das ein Begriff ist, den Koglin „nicht in den Mittelpunkt stellen möchte“. Es gehe nicht darum, möglichst viele von den 6400 erwerbslosen Hamburger TürkInnen loszuwerden, betont er. „Es gibt einfach eine ganze Reihe Menschen, die eine enge Verbindung mit der Türkei haben und gerne eine Zeitlang dort arbeiten wollen.“
Cüneyt Kuyucu ist so einer. Obwohl er seit 24 Jahren in der Hansestadt wohnt, hier studiert und sich verliebt hat, will er umziehen. „Ein Teil meiner Familie lebt in der Türkei“, begründet der Marketing-Vertriebsassistent seinen Entschluß. Auch die Arbeitsmöglichkeiten seien „mehr als interessant“: VW sucht einen Ingenieur für Umweltfragen, Siemens braucht Maschinenbauer und Mercedes will Diplom-Kaufleute einstellen. Die Firmen profitieren von der Zweisprachigkeit der deutschen BewerberInnen. „Wir sind ein internationaler Konzern“, sagt Cem Yasar Özyor von Mercedes. „Wir brauchen Mitarbeiter, die interkulturell denken.“
Weil der Wechsel von Deutschland in die Türkei nicht immer leicht ist, prüft er die BewerberInnen vor allem unter psychologischen Gesichtspunkten. „Ich versuche, herauszufinden, ob jemand wirklich in die Türkei zurück will“, erklärt Özyor. „Wer das im Kopf für sich klargekriegt hat, hat schon eine Menge geschafft.“
Über die Eingewöhnungsphase hilft den Angeworbenen eine Einrichtung namens KFR hinweg. Die Abkürzung steht für „Koordinierungsstelle zur Förderung der Reintegration durch Qualifizierung und Existenzgründung gGmbH“. Das Unternehmen betreut die RückkehrerInnen und informiert sie in einem Seminar über Gepflogenheiten und Arbeitsrecht in der Türkei.
Auf diese Weise hat die KFR schon eine ganze Reihe von Fachkräften bei türkischen Firmen untergebracht. „Bewerben können sich Menschen aller Nationalitäten – egal, ob Iraner, Deutsche oder Holländer“, erklärt Geschäftsführer Hans-Willi Nolden. „Vorraussetzung ist aber, daß sie fließend Türkisch sprechen.“
Weil das nicht viele Bundesbürger tun, drängeln sich bei der Hamburger Jobbörse ausschließlich TürkInnen um die Info-Tische. Die Gespräche laufen mal auf türkisch, mal auf deutsch und Cüneyt Kuyucu ist begeistert. „Ich werde keine Probleme haben, mich in der Türkei einzugewöhnen.“
Die Jobbörse „Arbeitsplatz Türkei“ ist noch heute von 9 bis 18 Uhr geöffnet. Ort: Grone-Bildungszentrum, Heinrich-Grone-Stieg 1
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