: CDU an Bonn: Mahnt ihr mal!
■ Senat beschließt mit CDU-Mehrheit, den Wettbewerb für Holocaust-Mahnmal nicht zu beenden. Verfahren jetzt völlig offen. Bubis: "Eine Tragikomödie, die in ein Possenspiel ausgeartet ist"
Um das lange geplante Holocaust-Mahnmal in der Hauptstadt zu verhindern, setzt die regierende Berliner CDU jetzt auf die offene Konfrontation mit dem Deutschen Bundestag. So hat der Senat gestern mit der Mehrheit der CDU- Senatoren beschlossen, den noch immer offenen Wettbewerb für das Mahnmal auszusetzen. „Wir erwarten jetzt einen Beschluß des Bundestages“, erklärte Senatssprecher Michael-Andreas Butz, diesen werde man respektieren.
Erst vor wenigen Wochen jedoch hatten Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) und Kulturstaatsminister Michael Naumann die Beendigung des Wettbewerbs als Voraussetzung für eine Entscheidung des Bundestages über die Realisierung des Mahnmals genannt. Dies hatte sich aus einem Rechtsgutachten ergeben. Vier Entwürfe für ein Mahnmal sind noch im Wettbewerb.
Thierse hatte daraufhin den Berliner Senat als einen der drei Auslober des Wettbewerbs aufgefordert, einen schnellen Abschluß mitzutragen. „Es sei denn, eine derartige Verzögerungstaktik wäre gewollt“, so Thierse.
Zur gestrigen Entscheidung Berlins konnte sich Thierse vor Ende der Bonner SPD-Fraktionssitzung noch nicht äußern. Der Vorsitzende des Zentralrats der Juden, Ignatz Bubis, sagte dagegen der taz: „Das ist eine Tragikomödie, die zu einem Possenspiel ausgeartet ist.“ Erst kürzlich habe er es abgelehnt, sich bei einem Hearing zum Mahnmal im Bundestag zu äußern, Angesichts dessen, was der Berliner Senat nun vorführe, „fühle ich mich bestätigt“.
Die Mehrheitsentscheidung indes ist nicht nur ein Affront gegenüber Bonn. Das Holocaust-Mahnmal ist seit langem ein Streitpunkt zwischen den Koalitionspartnern. Erst gestern noch hatte Bürgermeisterin und SPD-Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing vorgeschlagen, den Wettbewerb zu beenden. Zugleich plädierte sie dafür, den Entwurf eines der favorisierten Wettbewerbsteilnehmers, Peter Eisenman, in modifizierter Form auszuwählen. „Ich bedauere die Senatsentscheidung“, sagte sie deshalb, damit habe sich Berlin aus der Diskussion verabschiedet.
Wie es weitergeht, bleibt vorerst offen. Der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) drängt auf ein Gespräch mit Bundeskanzler Gerhard Schröder. Im Kanzleramt konnte man bislang aber keinen Gesprächsbedarf erkennen. Barbara Junge
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen